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05.09.2021
03.09.2021 15:09 Uhr

Mönchsgeier verendete an einer Überdosis Plastik

Beim Amt für Jagd und Fischerei Graubünden in Chur wurde der tote Geier untersucht: Im Bild David Jenny (l.) von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach und Hannes Jenny vom AJF Graubünden.
Beim Amt für Jagd und Fischerei Graubünden in Chur wurde der tote Geier untersucht: Im Bild David Jenny (l.) von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach und Hannes Jenny vom AJF Graubünden. Bild: zvg
Wildtiere leiden in steigendem Mass an Plastikabfällen. Im Kanton Schwyz ist deshalb ein seltener Mönchsgeier verendet. Wegen des Kunststoffes in seinem Magen ist er verhungert. Er wurde in der Gemeinde Sattel aufgefunden und nach Galgenen in die Hege gebracht. Doch retten konnte man ihn nicht mehr.

Plastik ist zwar nicht giftig, belastet aber unsere Umwelt dennoch mehr und mehr. Dieser Kunststoff ist praktisch nicht abbaubar und kommt in unglaublichen Mengen fast überall vor. Mikroplastik wurde sogar in der Arktis oder auch kürzlich im 2500 m hoch gelegenen Lunghinsee oberhalb Maloja nachgewiesen.

Etwas weniger bekannt ist die Tatsache, dass Wildtiere in steigendem Mass unter der Präsenz von Plastikabfällen in der Umwelt leiden. In den Weltmeeren sammeln sich jährlich über sechs Millionen Tonnen Plastik an, der auch in den Mägen von Meerestieren landet. Dieser hat immer wieder tödliche Folgen für Seevögel, Schildkröten, Seehunde oder Wale.

Dass sich das Problem nicht auf die Küstengebiete beschränkt, zeigt die zunehmende Zahl von Wildtieren mit grösseren Plastikmengen im Magen. In die Presse gelangte 2019 der Fall eines Hirsches bei Arosa, in dessen Magen sechs Kilogramm Plastikmüll gefunden wurde.

Auch für Vögel gefährlich

Besonders betroffen sind Grossvögel wie der Weissstorch. Bei einer Untersuchung von in der Schweiz tot gefundenen Störchen hatte über ein Drittel der Jungstörche Plastik im Magen.

Nun kam es kürzlich zu einem weiteren traurigen Fall, bei welchem ein besonders seltener Vogel an einer Überdosis Plastikmüll einging: Mönchsgeier sind die grössten Vertreter in der Geierfamilie, sie können bis 2,9 Meter Spannweite erreichen, 12 Kilogramm schwer werden und gehören zu den sehr seltenen Geierarten (In der Zentralschweiz gab es 2021 gerade drei Sichtungen dieser Art). Ähnlich wie Bartgeier wurden sie in den Alpen in einem aufwendigen Projekt wieder angesiedelt.

Weitgereister Gast

In den französischen Meeralpen leben zurzeit fünf Paare dieser Art. Drei Paare hatten 2020 einen Jungvogel aufgezogen. Diese wurden vom Team des südfranzösischen Vogelschutzes LPO Côte d’Azur noch im Nest beringt. Einer dieser jungen Mönchsgeier erhielt seinen Ring in der Verdon Schlucht in der Provence am 30. Juni 2020. Bis am 9. April 2021 wurde er während des sogenannten Bettelflugs noch im elterlichen Revier beobachtet, danach verlor sich in Frankreich seine Spur. Aufgetaucht ist er dann einen Monat später 400 Kilometer weiter nordöstlich im Kanton Schwyz, leider in einem schlechten Zustand. Am 7. Mai meldete ein Anwohner, dass ein enorm grossen Vogel bei der Siedlung Egg oberhalb Sattel herumspaziere.

Nur noch Haut und Knochen

Der zuständige Wildhüter Markus Raschle konnte den geschwächten Vogel einfangen und brachte ihn zu Steven Diethelm nach Siebnen-Galgenen, der dort eine Greifvogel-Pflegestation führt. Er versuchte den apathisch wirkenden Geier abends noch zu füttern, fand ihn dann aber am nächsten Morgen tot in der Volière. Er wog ganze vier Kilo, bestand praktisch nur noch aus Haut und Knochen und war vermutlich verhungert. Am 16. Juni gelangte er zur Untersuchung ans Amt für Jagd und Fischerei Graubünden in Chur, wo routinemässig tot gefundene Greifvögel analysiert werden.

Mit vollem Magen verhungert

Die Obduktion des Kadavers erbrachte Aufschluss über die Todesursache: Der Magen des Mönchsgeiers war prall gefüllt mit Plastikmüll. Es handelte sich um zahlreiche Plastikschnüre, wie sie zum Verschliessen von Abfallsäcken verwendet werden und um Teile von Abfallsäcken. Offensichtlich war mit dieser Ladung Plastik im Magen die Verdauung blockiert, und so verhungerte der seltene Geier elend.

Keine Plastikstücke wegwerfen

Wo und warum der Mönchsgeier das vermeintliche Futter aufnahm, bleibt offen. Es zeigt aber, wie wichtig es ist, keinerlei Plastikmüll im Freien zu belassen und die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Wildtiere im Umgang mit Abfall zu berücksichtigen.

Dieser Plastikmüll befand sich im Magen des verendeten Mönchsgeiers. Bild: David Jenny
David Jenny, Schweizerische Vogelwarte Sempach
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