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Wangen
12.03.2021

Lamas erobern die March

Aufmerksame Beobachter: Die lamas beschützen die Schafe.
Aufmerksame Beobachter: Die lamas beschützen die Schafe. Bild: Anouk Arbenz
Angesichts der Verbreitung des Wolfes wird ein guter Herdenschutz immer wichtiger. Was kann das Lama als Alternative zum Hund bieten?

Im letzten Jahr ist man sich in Ausserschwyz wahrscheinlich zum ersten Mal so richtig bewusst geworden, wie nah uns die Wölfe inzwischen gekommen sind. Laut Jagdverwalter Manuel Wyss gab es im Jahr 2020 vier gesicherte Beweise, dass sich Wölfe in Ausserschwyz aufgehalten haben. Vier Schafe starben, zwei wurden verletzt. «Aufgrund der allgemeinen Entwicklung des Wolfsbestands in der Schweiz und auch aufgrund der Rudelbildung im Kanton Glarus muss man im Kanton Schwyz jederzeit mit dem Auftauchen von Wölfen rechnen», so Wyss.

Die Ausbreitung des Wolfs versetzt Landwirte in Angst und Schrecken. Die Warteliste für Herdenschutzhunde ist lang, die Ausbildungsplätze sind alle belegt. Doch Hunde haben gerade in stark besiedelten und touristischen Gebieten ihre Nachteile. Silvan Mächler aus Galgenen setzt für seine Herden, die in Nuolen, in Tuggen und im Sommer im Wägital weiden, deshalb neuerdings auf Lamas. «Die Hunde machen 24 Stunden pro Tag Lärm, wenn sie etwas sehen», erklärt Mächler. Mit all den Spaziergängern, Velofahrern, Hündelern und Joggern, die an der Weide vorbeigehen, hätte Mächler längst eine Klage der Anwohner am Hals, wenn er hier einen Hund die Herde beschützen liesse.

  • 55 Schafe werden in Nuolen von den zwei Lamas beschützt. Silvan Mächler hat sich die Exoten im letzten Herbst angeschafft, da er nicht weiter wusste. Bild: Anouk Arbenz
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  • Genau wie Schafe auch sind Lamas anfällig für innere und äussere Parasiten. Ansonsten sind Lamas wenig anfällig auf Krankheiten und in der Handhabung pflegeleicht. Bild: Anouk Arbenz
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  • Bild: Anouk Arbenz
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  • Bild: Anouk Arbenz
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«Man konnte mir nicht richtig Auskunft geben. Ich glaube, sie waren etwas überrumpelt. Man ist zu sehr auf den Hund fokussiert.»
Silvan Mächler

Keine finanzielle Hilfe bei Lama-Beschaffung

In solchen Gebieten eignen sich Lamas besser als Hunde. Dennoch anerkennt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) Lamas nicht als Herdenschutztiere und finanziert daher auch deren Einsatz nicht. Der Kanton Schwyz habe jedoch als einer der wenigen Kantone in seinem Wolfskonzept von 2018 die Lamas kantonal als Herdenschutzmassnahme anerkannt, wie Erich von Ah, der für die Koordination des Herdenschutzes im Kanton verantwortlich ist, auf Anfrage mitteilt. «Unsere Herdenschutzberater haben die Lamas auf dem Radar und beraten die Landwirte auch vor Ort, um die für sie wirkungsvollen Massnahmen herauszufinden.»

Silvan Mächler fühlte sich jedoch zu wenig unterstützt, als er dort anrief. «Man konnte mir nicht richtig Auskunft geben. Ich glaube, sie waren etwas überrumpelt. Man ist zu sehr auf den Hund fokussiert», findet Mächler. Deshalb habe er sich vor allem via Youtube informiert. Erich von Ah vom Amt für Landwirtschaft erklärt, wieso man beim Bafu von der Schutzwirkung der Lamas nicht überzeugt sei. Diese wäre dann am Grössten, «wenn die Lamas während der Risikozeit einzeln mit den Schafen auf der Weide sind», da es bei mehreren Lamas eine Abspaltung der Herde geben könnte. Damit würde der Tierhalter aber gegen das Tierschutzgesetz verstossen, welche eine Einzelhaltung der Lamas verbietet.

  • Lamas verhalten sich in der Regel neugierig aber ruhig gegenüber Wanderern, Bikern und Touristen. Deshalb ist der Einsatz von Lamas besonders für touristische Gebiete, etwa in Nuolen beim See oder im Wägital, geeignet. Bild: Anouk Arbenz
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  • Silvan Mächler ist bis jetzt zufrieden mit seinen Lamas. Bild: Anouk Arbenz
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  • Neugierige und mutige Schafe hat Silvan Mächler. Das würde mit jungen Hunden nicht gutgehen. Bild: Anouk Arbenz
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  • Für Silvan Mächler ist noch zu wenig Zeit vergangen, um beurteilen zu können, ob die Lamas genug Schutz gegen Raub- und Wildtiere bieten. Bild: Anouk Arbenz
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Pflegeleicht und wenig aufwändig

Für Silvan Mächler ist noch zu wenig Zeit vergangen, um beurteilen zu können, ob die Lamas genug Schutz gegen Raub- und Wildtiere bieten. Im Herbst 2020 hat er vier erwachsene und ein junges Lama gekauft. Diese unterteilte er in zwei Gruppen. Praktisch vom ersten Tag an hätten sich die Lamas in die Schafherde integriert, was nicht selbstverständlich ist. Normalerweise braucht es zuvor eine Integrationsphase. Bei den Hunden brauche es sogar mehr als ein Jahr, bis die Schafe sich an sie gewöhnt hätten.

Bis jetzt ist der Märchler sehr zufrieden mit den Lamas: «Sie sind super in der Handhabung, da sie dasselbe fressen wie die Schafe, pflegeleicht und wenig krankheitsanfällig und aufgrund ihrer Herkunft an Temperaturschwankungen gewöhnt sind.» Was auch sehr praktisch ist: Die Lamas sind stubenrein. Bei all den Vorteilen, zweifelt Mächler jedoch an der Effizienz der Lamas im Herdenschutz. Insbesondere, wenn sich die Wölfe an diese gewöhnt haben werden. «Wölfe sind intelligente Tiere. Irgendwann werden die Lamas sie nicht mehr abwehren können.» Hoffen wir, dass dies noch lange nicht der Fall sein wird. Vorerst freut sich Mächler auf Lama-Nachwuchs: Eine der Damen soll bald gebären …

Das Lama, ein sensibler Bluffer

Als Herdenschutztiere wurden Lamas erstmals in den frühen 1980er-Jahren in den USA eingesetzt. Heute werden sie vor allem in den USA und in Australien erfolgreich zum Schutz der Schafherden vor Kojoten, Dingos und streunenden Hunden eingesetzt. Über das Verhalten der Lamas gegenüber dem Wolf gibt es noch wenige Kenntnisse. «Die ersten – seit 2012 – gemachten Erfahrungen aus der Schweiz lassen eine Schutzwirkung von gewissen Lamas gegenüber dem Wolf vermuten », schreibt die landwirtschaftliche Beratungszentrale Agridea. Ein gutes Herdenschutzlama bleibt stehen oder geht aus Neugierde oder zur Abwehr auf den Feind zu. Diese Verhaltensweise in Kombination mit dem ungewöhnlichen Erscheinungsbild des Lamas kann den Wolf verunsichern und einen Angriff seinerseits verhindern. Andere Verteidigungsarten sind Spucken, Schreien, Ausschlagen, Beissen und Wegdrücken. Da Lamas vor allem über ihren Sehsinn potenzielle Angreifer wahrnehmen, braucht es eine möglichst übersichtliche Weide und eine Herde von unter 200 Schafen. Für Lamas muss wie für die Schafe ein vor Kälte geschützter Liegebereich vorhanden sein.

Anouk Arbenz, Redaktion March24 und Höfe24