Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein trugen Private die ambulante psychiatrische Betreuung. Erst ab 1984 finanzierte der Kanton diesen Dienst mit. Mehrere Reformen ab den 1990er-Jahren führten 2017 zu einer interkantonalen, umfassenden psychiatrischen Versorgung mit dem Ziel der sozialen und wirtschaftlichen Integration der Patientinnen und Patienten.
Als Ursache der Melancholie als seelische Störung sah man in der Antike und im Mittelalter eine Beeinträchtigung des Flusses von Körpersäften – im Speziellen durch die «schwarze Galle». Diese steige zum Gehirn und führe zur Einbildung von Unwirklichkeiten (nach einer Schrift von Constantinus Africanus um 1080). Gemäss einem Werk von Hildegard von Bingen aus dem 12. Jahrhundert sind die Symptome der Melancholie Wahnvorstellungen oder Verzweiflung mit Gefährdung zum Selbstmord.
Integration oder Ausschluss nach Tod?
Nach der Selbsttötung von Johann Jacob Rauch ordnete die Schwyzer Obrigkeit 1733 eine Untersuchung an: Weil diese ergeben habe, dass Rauch «schon über zwey Jahr wahnwitzig und dess gesunden Verstandts beraubt (gewesen sei, solle) ihme die geweihte Erden und christliche Begrebtnuss nit (…) versagt werden, jedoch nächtlicherWeyll (nachts) und ohne Gleütt und Gepräng (kirchlichen Prunk)». Damit fällt der Landrat von Schwyz ein kirchliches Urteil – selbst nach dem Tod des «Täters», wobei dessen Geisteskrankheit als mildernder Umstand gewertet wird. Zudem fällt beim Strafmass ins Gewicht, ob die Person ein gottgefälliges Leben geführt habe. Demnach gewährt man Rauch – mit Abstrichen – ein christliches Begräbnis und auch nach seinem Ableben den Verbleib in der dörflichen Gemeinschaft.
Einweisung in Armen- oder auswärtige «Irrenhäuser»
Im 19. Jahrhundert entstanden in der Schweiz besondere Anstalten für die «Irren» – nicht jedoch im Kanton Schwyz. Geisteskranke sollten nach wie vor von ihren Verwandten oder von anderen Privatpersonen betreut werden. Andernfalls erfolgte durch die Bezirks- oder Gemeindebehörden die Einweisung in Armenhäuser oder sofern die Kapazität reichte in «Irrenhäuser » anderer Kantone oder des Auslands.
So hörte sich der Bezirksrat Küssnacht am 7. September 1845 einen schriftlichenBericht an von «Medicinae Doctor Schmied» in Richterswil. Es ging um den Zustand der in der dortigen Irrenanstalt untergebrachten «Jungfrau Katharina Märchi», und die Ratsherren entschieden, «es soll diese Person solange in der (…) Anstallt belassen werden, bis deren Heilung vollständig erfolgt sein wird». Aber schon zwei Monate später hatte sich der Küssnachter Rat wieder mit Katharina Märchi zu befassen: Sie habe an Allerheiligen den Gottesdienst in Wollerau besucht und sei «von der Kirche weg nach Schwiz entführt worden», worauf ihr «Vogt» Gottfried Märchi den Bezirksrat um Unterstützung gebeten habe, «damit diese Person wieder in die Irrenanstalt» zurückgebracht werden könne. Die Behörde beschloss jedoch einzig, «die früher dem Vogt ertheilte Vollmacht» zu erneuern.
Bau von kantonaler Anstalt?
Aufgrund mangelnder Versorgung eines Teils der Geisteskranken im Kanton wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts Gegenmassnahmen getroffen: Finanzielle Grundlagen wurden geschaffen für den Bau einer kantonalen Anstalt, und diese wurde ideell und materiell gefördert durch den Schwyzerischen Irrenhilfsverein.
Ambulante Betreuung: von privaten Trägern 1960 umbenannt in Schwyzerischer Hilfsverein für Gemütskranke, kam dieser vom Vereinszweck des Anstaltsbaus ab und richtete sich aus auf die sozialmedizinische Beratung und die Betreuung unter anderen der psychisch Kranken. Das Ziel der ambulanten Versorgung verfolgte auch eine neue Fürsorgestelle in Einsiedeln – später Sozialmedizinischer Dienst genannt – mit einem Angebot an Sprechstunden bei einem Psychiater.
Personelle und finanzielle Engpässe einerseits, die steigende Nachfrage anderseits führten zu grösserer Beteiligung des Kantons und 1983 zum Erlass des Sozialhilfegesetzes. Damit betrieb der Hilfsverein für Gemüts- und Suchtkranke (nach 2002 Schwyzerischer Verein für Sozialpsychiatrie genannt) im Auftrag des Kantons einen Sozialpsychiatrischen Dienst (SPD).
Die stationäre psychiatrische Betreuung von Betroffenen aus dem Kanton Schwyz gewährleisteten auch nach der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausserkantonale Kliniken – insbesondere mit einem Konkordat von 1983 der Kantone Uri, Schwyz und Zug mit der Klinik Oberwil in Zug.
2017 entstand ein Psychiatriekonkordat zwischen den Kantonen Uri, Schwyz und Zug, welche die Triaplus AG gründeten. Im Konkordatsgebiet sollen damit koordinierte stationäre, teilstationäre und ambulante psychiatrische Versorgungen sowie zentrale Spezialangebote ermöglicht werden.
Vollständiger Artikel im «March-Anzeiger» und «Höfner Volksblatt» vom Montag, 10. August, zu lesen.