Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und Wirtschaftsminister Robert Habeck baten Bundesrätin Viola Amherd in einem Brief, der Herstellerfirma Rheinmetall die Leopard-2-Panzer der Schweizer Armee zurückzuverkaufen. Der Brief datiert vom 23. Februar, wie ein Sprecher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte. Er bestätigte Informationen der Zeitung "Blick" vom Freitag.
Eine Weitergabe der Kampfpanzer an die Ukraine würde nicht erfolgen, teilte der Sprecher mit. Ein Endverbleib des Kriegsgeräts in Deutschland oder bei den Partnern des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses Nato und der EU würde zugesichert. Mit den Panzern solle die durch die Abgabe von anderen Leopard-2-Panzern in die Ukraine entstandenen Lücken geschlossen sowie die Versorgung mit Ersatzteilen verbessert werden. Wie viele Panzer Deutschland kaufen möchte, dazu wollte das Schweizer Verteidigungsdepartement nichts sagen.
Verkauf aus Sicht der Armee möglich
Aus Sicht der Schweizer Armee ist es möglich, auf eine beschränkte Anzahl von Panzern zu verzichten. Voraussetzung dafür sei aber, dass sie vom Parlament ausser Dienst gestellt würden, hiess es. Verteidigungsminister Viola Amherd teilte Deutschland in einer Antwort vom 1. März mit, ein Entscheid des Parlaments über eine formelle Ausserdienststellung liege nicht vor. Zurzeit liefen dazu Diskussionen. Einem allfälligen Parlamentsentscheid könne sie nicht vorgreifen. Der Bundesrat will in den Fragestunden der Räte am Montag Stellung nehmen. Der Export von ausserdienstgestelltem Kriegsmaterial braucht eine Bewilligung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), wie die Behörde auf Anfrage mitteilte. Derzeit sind im Parlament Diskussionen im Gang für weniger strenge Regeln bei Waffen-Wiederausfuhren.
Kommission lehnte Rückgabe ab
Das Geschäft ist vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine in der offiziell neutralen Schweiz politisch heikel. Zuletzt verwarf die sicherheitspolitische Kommission des Ständerats Anfang Februar ein vergleichbares Anliegen mit 8 zu 2 Stimmen deutlich. Eine parlamentarische Initiative verlangte die Ausserdienststellung und Rückgabe von bis zu 30 der 96 stillgelegten "Panzer 87 Leopard" an Deutschland.
Eine Mehrheit begründete das Nein zu einem Verkauf damit, dass die Schweiz die Panzer möglicherweise selber brauchen könnte. Zudem sei ein solcher Verkauf eine Art Ringgeschäft, in dem die Schweiz eine Kriegspartei bevorzugen würde. Die verstosse gegen das Neutralitätsprinzip. Die Minderheit sah in den Panzern eine Möglichkeit, einen Beitrag zur europäischen Sicherheit zu leisten.
An der ablehnenden Mehrheitshaltung dürfte sich wenig geändert haben. Dass der Wind seit der Beratung des Themas im Februar in der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats gedreht hat, glaubt deren Präsident Werner Salzmann (SVP/BE) nicht. "Das denke ich nicht", sagte er dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) am Freitag. Da sich die Kommissionen bereits mit dem Thema befasst haben, müssten sie den Bundesrat beauftragen, dem Parlament eine Ausserdienststellung der eingemotteten Panzer zu beantragen, wie das Verteidigungsdepartement auf Anfrage mitteilte. Ein solcher Antrag könnte mit einer Botschaft und einem Bundesbeschluss erfolgen.
Eingemottet in der Ostschweiz
Der Leopard 2 für vier Personen ist ein Kampfpanzer aus deutscher Produktion. Er wird seit 1978 in Serie gebaut. Die Schweiz führte von 1987 bis 1993 rund 380 "Leos" bei der Truppe ein. Die Armee verkaufte inzwischen dutzende Fahrzeuge an Deutschland und Kanada. 96 von ihnen rangierte sie zudem aus. Diese standen zuletzt in einer Lagerhalle in der Ostschweiz. Ende letzten Jahres war das Heer noch mit 134 solcher Panzer ausgestattet.
Die Ukraine wehrt sich seit über einem Jahr gegen die russische Invasion. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte an die internationale Gemeinschaft, Kampfflugzeuge und Panzer zu liefern. Die Ukraine soll aus Beständen der deutschen Armee 18 moderne Leopard-2-Panzer erhalten. Gemeinsam mit den Partnerländern Schweden und Portugal will Deutschland der Ukraine ein Bataillon mit 31 Panzern zur Verfügung stellen. Polen koordiniert ein weiteres Bataillon mit Panzern älterer Bauart.