Seit einigen Jahren ist es normal geworden, alles Mögliche im Internet zu bewerten. Egal ob Restaurant, Bar oder Hotel, die Coiffeuse oder den Dorfbeck. Selbst Verkäufer auf Tauschbörsen oder eben auch Firmen und Arbeitgeber werden nicht selten online an den Pranger gestellt. So zum Beispiel auf der Internetseite www. kununu.com. Sie wirbt mit «Arbeitgeberbewertungen, Gehaltsdaten und Kulturbewertungen von denen, die es am besten wissen: Mitarbeiter und Bewerber.» Was gut klingt, muss es nicht zwingend sein. Denn in so manchem Beitrag – insbesondere von ehemaligen Mitarbeitern – schwingt sehr oft sehr viel persönliche Abrechnung mit.
Ein Beispiel aus Wangen
Besonders schlecht weg kommt unter anderem eine Firma aus Wangen. Von möglichen fünf Sternen erhält sie 2,4 – eine Weiterempfehlung gibts bloss in 31 Prozent der Fälle. Im Dezember 2021 schreibt ein ehemaliger Angestellter, dass er an seinem Arbeitgeber «nichts» gut findet. Schlecht sei «sein Verhalten gegenüber seinen Arbeitnehmern, ohne diese wäre er nicht existent». Entsprechend findet er auch an der Arbeitsatmosphäre nicht wirklich etwas Gutes: «Jeder ist sich selbst der Nächste.» Und in Bezug auf Gehalt und Sozialleistungen wirds gar noch happiger: «Lohn sehr niedrig für viel Arbeit. Bei Anfragen für Lohnerhöhung wird mit Rausschmiss gedroht. Spesen werden gekürzt nach Gutbefinden, nicht nach Tatsachen. Sozialleistungen Standard: aber das soziale Verhalten ist gleich null.» Eine Work-Life-Balance «gibts nicht». «Es zählt nur Work, nicht Life! Ferien werden kurzfristig gestrichen. Alles, was zählt, ist Geld.»
Zweite Bewertung mit beinahe voller Punktzahl
Im Februar dieses Jahres wird die Firma erneut bewertet. Diesmal von einem aktuellen Angestellten. Es gibt beinahe die volle Punktzahl. Für gut befunden wird, dass die Vorgesetzten «am meisten Stunden» mitarbeiteten, eine grosse Vorbildfunktion einnähmen und es sehr interessante Weiterbildungsmöglichkeiten gebe. Schlecht sei, dass man manchmal zu sozial und lieb sei, mehr durchgreifen sollte.
Fazit des Geschäftsleiters
Der Geschäftsleiter der Wangner Firma weiss von den Einträgen. «Natürlich ist es schlecht fürs Image», gesteht er. «Trotzdem möchte er sie nicht überbewerten. » Die Kundenfeedbacks seien mehrheitlich positiv – die Auftragslage stimme auch. «Das ist es, was zählt!» Das sei aber auch nur möglich, wenn man gute und zufriedene Angestellte habe, weiss er. «Wir pflegen eine offene Kommunikation in der Firma», versichert er. Entsprechend habe man auch diskutiert, wie man mit den negativen Beiträgen umgehen soll. «Wir haben uns gegen rechtliche Schritte entschieden. Wir möchten keine Energie in solche Sachen investieren.» Der Geschäftsleiter sieht es als allgemeines Problem, online wild darauflos zu lästern. Zudem trage auch der akute Fachkräftemangel dazu bei, dass Angestellte – oftmals eben Quereinsteiger – schnell überfordert und entsprechend unzufrieden seien.