Eine gewisse Ungeduld hat sich bei Max Heinzer in den letzten Wochen breitgemacht. Der Spitzenfechter aus Immensee will endlich abreisen, ins Flugzeug nach Tokio steigen an seine dritten Olympischen Spiele. Seine Ungeduld ist verständlich, den Fechtsport hat Corona besonders hart getroffen. In den vergangenen 15 Monaten konnte nur ein einziger internationaler Wettkampf stattfinden. «Und dort war eigentlich auch nur die definitive Olympia-Quali das grosse Ziel», sagt Heinzer.
Die Spiele sind das vorherrschende Thema in den Köpfen aller Fechter, seit Monaten sind sie der einzige Antrieb, sich jeden Tag aufs Neue fürs Training zu motivieren.
Ein Badminton-Duell mit EVZ-Goalie Genoni
Diese lange Zeit ohne Wettkämpfe hat auch am 33-Jährigen gezehrt, das merkt man. Trotzdem sagt Heinzer: «Ich habe unter diesen Voraussetzungen das Maximum rausgeholt.» Seinen Trainingsalltag hat er komplett umgekrempelt, er hält sich seit November im OYM in Cham fit. Im modernen Spitzensportzentrum sind all seine Einheiten genau durchgeplant und wissenschaftlich vermessen. Genau wie andere Athleten – etwa die erste Mannschaft des EVZ oder Skirennfahrer Ramon Zenhäusern – profitiert er von dieser professionellen Betreuung und hat sich als 33-Jähriger athletisch noch mal gesteigert. Das sei hart, aber der Spass komme trotzdem nicht zu kurz. Er erzählt: «Für einen lockeren Start spiele ich manchmal eine Partie Badminton mit EVZ-Goalie Leonardo Genoni.»
Im Fechttraining mit dem Schweizer Team hat er sich ebenfalls neue Impulse geholt und gemeinsam mit dem deutschen, spanischen, österreichischen und tschechischen Team trainiert. «Das war wichtig und hat geholfen. Aber echte Wettkämpfe konnte auch das nicht ersetzen», so der Immenseer.
Eine ideale Vorbereitung auf die Olympischen Spiele würde folglich anders aussehen, aber wenigstens gehe es allen Nationen gleich.
Auf diesen Moment freut er sich am meisten
Heinzer fühlt sich trotz allem bereit für Tokio und will dort Edelmetall holen. «Das Ziel ist eine Medaille, denn eine olympische fehlt mir in meinem Palmarès noch», sagt der zweifache Vater, der 17 EM- und WM-Medaillen sowie 17 Weltcupsiege auf dem Konto hat (jeweils Team und Einzel). «Ich gehöre dieses Mal nur noch zum zweiten Favoritenkreis. Aber das Schöne beim Fechten ist, dass ich als Weltnummer 16 mit einer Top-Leistung auch die Nummer 1 schlagen kann.»
Dafür muss er aber im Einzel vom 25. Juli einen perfekten Tag einziehen. Die grösseren Chancen rechnet er sich im Team-Wettkampf vom 30. Juli aus. Zusammen mit Benjamin Steffen, Michele Niggeler und Ersatzathlet Lucas Malcotti holte er 2018 WM-Gold, der nächste Erfolg soll jetzt kommen. Nur acht Länder treten in Tokio an, bereits die Qualifikation war für die Schweiz ein «grosser Erfolg», wie Heinzer sagt. «Ab jetzt gibt es nur noch Top oder Flop. Wir starten gleich mit dem Viertelfinal und brauchen demnach nur zwei Siege für den Final-Einzug.» Aber das heisst auch: Nach nur einer Niederlage könnte bereits alles vorbei sein. «Der Druck ist hoch, vor allem nach dieser langen Vorbereitungszeit.»
Bald ist die 15-monatige Warterei aber vorbei, die Ungeduld gestillt und Heinzer will diese einmalige Chance auf Erfolg packen: «Am meisten freue ich mich auf den Moment, wenn es losgeht, wenn der Schiedsrichter endlich sagt: ‹Go!›.»