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Sport
22.05.2021
20.05.2021 17:03 Uhr

Melvin Nyffeler: «Ich bin bereit – egal für welche Rolle»

Lakers-Goalie Melvin Nyffeler gehört erstmals zum Schweizer WM-Team.
Lakers-Goalie Melvin Nyffeler gehört erstmals zum Schweizer WM-Team. Bild: Jonathan Vallat, Swiss Ice Hockey
Erstmals ist Melvin Nyffeler an einer Eishockey-A-WM dabei. Der 26-jährige Goalie der SCRJ Lakers bildet zusammen mit Leonardo Genoni und Reto Berra das Schweizer Torhüter-Trio an den für die Schweiz heute Abend beginnenden Titelkämpfen.

Es ist eine spezielle Zeit für Melvin Nyffeler. Eine aufregende, wie er sagt. Vor wenigen Wochen sorgte er mit den Lakers in der Meisterschaft für Furore, stiess mit dem Zehnten der Qualifikation bis in den Halbfinal vor. Ein Playoff-Märchen erster Güte – mit Nyffeler in einer Hauptrolle. Er lief in der wichtigsten Zeit zur Höchstform auf.

Dies blieb natürlich auch dem Schweizer Nationaltrainer Patrick Fischer nicht verborgen. Dieser hatte sich schon im Winter 2019/20, nach Nyffelers ersten drei Länderspieleinsätzen für die A-Nationalmannschaft, beeindruckt gezeigt von den Qualitäten des SCRJ-Keepers.

Da die Heim-WM 2020 wegen der Coronapandemie abgesagt wurde, bot sich dann aber keine Chance zur WM-Premiere. Doch dieses Jahr am Turnier in der lettischen Hauptstadt Riga (21. Mai bis 6. Juni) ist es nun soweit.

Eine super Gruppe

Nyffeler ist vor einer Woche zum Nationalteam gestossen. Am Samstag durfte er beim 2:1-Erfolg gegen Lettland im abschliessenden Testmatch Spielpraxis sammeln. Er ersetzte in der 32. Minute beim Stand von 1:0 für die Schweiz Meistergoalie Leonardo Genoni. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, wie er sagt. «Ich wusste nicht, dass ich eingewechselt werde.» Die ersten Minuten seien deshalb schwierig gewesen. «Ich kam kalt rein. Und das auf diesem hohen Niveau zu einem Zeitpunkt, als die Partie völlig offen war.» Aber solche Challenges müsse man annehmen und meistern können, wenn man auf diesem Level spielen wolle.

«Ich kann mich schnell anpassen und werde vom Staff und den Teamkollegen super unterstützt.»
Melvin Nyffeler, Lakers-Torhüter in der Nati

Den Niveauunterschied zwischen dem nationalen und internationalen Eishockey bezeichnet Nyffeler als sehr gross. Auch in den Trainings. «Aber das ist ja klar, denn hier sind die Besten der Besten.» Ein Problem für ihn sei das aber nicht. «Ich kann mich schnell anpassen. Zudem werde ich vom Staff und den Teamkollegen super unterstützt.» Er verstehe sich ausgezeichnet mit Genoni, Reto Berra und auch Goalietrainer Thomas Bäumle. «Wir sind eine super Gruppe», sagt Nyffeler.

Von den Routiniers profitieren

Und wie sieht er seine Chancen, an der WM auch tatsächlich zum Einsatz zu kommen? «Es wurde zwar nie über eine Hierarchie gesprochen. Aber Leo und Reto werden sicher mehr spielen als ich. Sie sind die besten zwei Schweizer Goalies, seit Jahren. Da müssen wir nicht um den heissen Brei herum reden.» Das WM-Programm sei jedoch dicht. Da sei die Schweiz auf drei gute Goalies angewiesen. «Wir werden sehen. Ich zerbreche mir darüber nicht den Kopf. Es geht ja hier nicht um persönliche Interessen, sondern um die Mannschaft, um die Schweiz», betont Nyffeler. Aber: Er sei bereit, seinen Beitrag zum Erfolg zu leisten – egal wie seine Rolle dann aussehe.

Melvin Nyffeler im Einsatz im Training. Bild: Jonathan Vallat, Swiss Ice Hockey

Zudem versuche er, als klar jüngster des Schweizer Goalie-Trios (Genoni ist 33, Berra 34), natürlich, so viel wie möglich zu profitieren. Speziell von Genoni könne er viel lernen, der – anders als der deutlich grössere Berra – einen ähnlichen Stil spiele wie er selber. «Leo ist schon seit vielen Jahren eines meiner Vorbilder», so Nyffeler. Faszinierend findet er vor allem Genonis Fähigkeit, das Spiel zu lesen – und dessen mentale Stärke.

Ein Wermutstropfen

Nyffeler freut sich extrem auf die WM und hofft, dass die Schweiz bis ganz am Ende im Turnier verbleibt. Auch wenn Letzteres bedeuten würde, dass er ganze 28 Tage auf seine Frau und den gemeinsamen Sohn, der am Donnerstag einjährig wurde, verzichten müsste. «Das ist schon noch schwierig. Vor allem, weil ich beim ersten Geburtstag nicht dabei sein kann.»

Dass er – wie alle anderen Schweizer Spieler – den ganzen Sonntag und Montag in Einzelquarantäne im Hotelzimmer verbringen musste, machte die Situation nicht einfacher. «Immerhin wusste ich, dass es so kommt und konnte mich entsprechend darauf vorbereiten.» Er nahm deshalb die Playstation nach Riga mit – und auch sein iPad, für Videoanrufe nach Hause zur Familie.

Dominik Egli in der Sportler-RS statt an der WM

Mit Dominik Egli war vor einer Woche ein zweiter Spieler der SCRJ Lakers mit dem Schweizer Nationalteam nach Riga gereist. Anders als Melvin Nyffeler zählte er aber zu jenen vier Akteuren, die nach dem letzten Vorbereitungsmatch aus dem WM-Kader gestrichen wurden. Ein bitterer Moment, wie der Verteidiger, der ab kommender Saison für den HC Davos auflaufen wird, gesteht: «Die Enttäuschung ist sehr gross. Ich wollte unbedingt dabei sein», so Egli. Nun versuche er, vorwärts zu schauen. «Ich bin überzeugt, dass dies nicht meine letzte Chance war.» Für Letzteres spricht einerseits seine unbestrittene Qualität, andererseits aber auch, dass mit Raphael Diaz (35), dem Neo-Schweizer Santeri Alatalo (31) oder auch Romain Loeffel (30) drei Topverteidiger mit ähnlichem Spielstil wie Egli im Herbst ihrer Karrieren stehen.

Langweilig wird Egli diesmal aber auch ohne WM nicht. Am Montag rückte er in die Sportler-RS in Magglingen ein. Nebenher hat er noch seinen Umzug nach Davos zu organisieren. «Eine Wohnung habe ich bereits gefunden. Nun gilt es dafür zu sorgen, dass möglichst bald alles eingerichtet ist.» Die RS läuft zwar bis Mitte August, Egli möchte aber schon vorher mit dem HCD aufs Eis. «Ich will deshalb schon in den nächsten Tagen nach Davos fahren, um alles kennenzulernen, das Material anzuprobieren und so weiter».

Silvano Umberg, Linth-Zeitung