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Kanton
11.05.2021

Die neue Chefin der SZKB im Gespräch

Susanne Thellung, CEO der Schwyzer Kantonalbank: «Jeder, der mehr als fünf Jahre nicht aufs Ersparte zurückgreifen muss, soll unbedingt am Aktienmarkt investieren.»
Susanne Thellung, CEO der Schwyzer Kantonalbank: «Jeder, der mehr als fünf Jahre nicht aufs Ersparte zurückgreifen muss, soll unbedingt am Aktienmarkt investieren.» Bild: fan
Seit Februar ist sie als erste Frau an der Spitze der Schwyzer Kantonalbank (SZKB) – wer ist Susanne Thellung und welche Ziele verfolgt sie?

mit Susanne Thellung
sprach Stefan Grüter

Von der internationalen Grossbank UBS zur Schwyzer Kantonalbank – wie gross war der Kulturschock?

Viel kleiner, als bei denjenigen vermutet wird, die mich danach fragen. Da ich bei der UBS immer im Schweizer Markt gearbeitet habe, habe ich hier ein ähnliches Umfeld angetroffen. Der Betrieb ist etwas kleiner, aber mindestens so familiär. Im technologischen Bereich bringe ich beispielsweise das eine oder andere mit, das ich jetzt gut bei der SZKB einbringen kann.

Ist es in Sachen Ansehen ein Abstieg?

Im Gegenteil, ein Aufstieg. Die Wertschätzung dieser Funktion ist sehr hoch. Ich erhielt nicht nur Blumen und Schokolade, als bekannt wurde, dass ich als CEO der SZKB gewählt worden bin, sondern auch eine Vielzahl von herzlichen Gratulationen.

Als ehemalige Regionaldirektorin für alle Kundensegmente in den Zentralschweizer Kantonen kennen Sie die Zentralschweiz sehr gut. Sie sind in Wädenswil aufgewachsen, da sind die Ausserschwyzer Bezirke March und Höfe für Sie wohl auch kein fremdes Land, oder?

Ausserschwyz ist für mich so etwas wie Heimat. Mein Vater war ein passionierter Faustballer in Wollerau – zuerst als Aktiver und später als Schiedsrichter. Als Kind lernte ich alle Faustballplätze in Ausserschwyz kennen. Einige sind zwar in den letzten Jahren Überbauungen zum Opfer gefallen. Wir haben viele Freunde, die in Ausserschwyz leben. Mit Ausserschwyz verbinden mich Jugenderinnerungen, den inneren Kantonsteil kenne ich, weil wir seit sechseinhalb Jahren in Brunnen wohnen. Kürzlich war ich in Lachen, und es fühlte sich irgendwie an wie eine Heimkehr; (lacht) die Verkehrsführung ist immer noch grauenhaft. Früher haben wir immer die Lachner Chilbi mit der Wädenswiler Chilbi verglichen …

Welche ist grösser und schöner?

Ehrlich gesagt bin ich schon längere Zeit nicht mehr an der Lachner Chilbi gewesen, aber die Wädenswiler Chilbi ist aus meiner Sicht kleiner geworden. Dies mag aber auch daran liegen, dass sich meine jetzige Optik gegenüber meiner Kindheitsoptik etwas verändert hat. 

Sie sind die erste Frau an der Spitze der Schwyzer Kantonalbank, ist das ein Vorteil oder ein Nachteil?

Ich weiss nicht, wie es sich als Mann anfühlen würde, aber mir wird wahnsinnig viel Wohlwollen entgegengebracht. Viele Frauen betonen: endlich mal eine Frau. Dass der doch als eher konservativ geltende Kanton Schwyz eine Frau an die Spitze der Kantonalbank gewählt hat, wird doppelt positiv gewertet. Aber ja, man stellt mir Fragen, die einem Mann nicht gestellt werden. So interessiert man sich sehr stark für die Organisation der Betreuung für meinen zweijährigen Sohn. Dies zeigt, dass es die Menschen interessiert, wie man die Vereinbarkeit von Beruf und Familie konkret umsetzt. Hier müssen wir uns in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft einsetzen. Die jungen Familien wollen Beruf und Familie kombinieren, und bei Personen in exponierter beruflicher Situation interessiert man sich besonders dafür.

««Man stellt mir Fragen, die einem Mann nicht gestellt werden.»»
Susanne Thellung, CEO der Schwyzer Kantonalbank

Wenn Sie von Frauen das Echo «endlich eine Frau» erhalten, was sind denn die Erwartungen an Sie?

Dahinter verbergen sich nicht konkrete Anliegen, aber die Hoffnung, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für Frauen in Führungspositionen steigt. Gerade die Suche nach Betreuungsplätzen ist bei uns nicht immer so einfach. Die Kantonalbank engagiert sich in diesem Bereich sehr stark. Seit Jahren erhalten unsere Mitarbeiterinnen substanzielle Beiträge als Betreuungsunterstützung. Es ist sehr wichtig, dass Frauen im Arbeitsmarkt bleiben können.

Vor zwei Jahren liessen Sie sich wie folgt zitieren: «Altersarmut ist weiblich.» Wie meinen Sie das?

Wenn Frauen ein Kind bekommen, steigen sie meist entweder aus oder arbeiten in Teilzeit. Häufig auch in so tiefen Pensen, dass die Pensionskassenpflicht entfällt. Die Einkommen sind dann so tief, dass sie kaum in die
3. Säule einzahlen können. Aufsummiert führt dies dazu, dass – statistisch belegt – Frauen halb so grosse Renten beziehen wie Männer. Dieser Umstand fordert nicht nur die Gesellschaft, sondern auch wir als Bank sind da in der Pflicht. Wir – Frauen und Männer – müssen am Rollenbild arbeiten, denn die Mutter ist nicht die einzige Person, die das Kind gut betreuen kann. Die Geschichte zeigt uns, dass es immer mehrere Menschen waren, die ein Kind grossgezogen haben. Ein Ansatzpunkt ist beispielsweise die Teilzeit-Karriere für Männer. Damit würde die Gleichberechtigung in den Betrieben gewinnen. 

Nervt das nicht ein bisschen, wenn man immer auf das Geschlecht angesprochen wird?

Dass man mich ab und zu als Assistentin gesehen hat, hat mich schon irritiert. Das würde den Männern bestimmt auch so ergehen. Aber aus solchen Situationen haben sich auch lustige Begebenheiten, Gespräche und gute Freundschaften ergeben. Man muss solchen Situationen mit Humor begegnen. Humor ist entwaffnend. Genervt sein und Frau sein ist nicht die ideale Kombination.

Die Schweizer Grossbanken sind in Skandale verwickelt, werden verklagt und haben einen ramponierten Ruf. Ist da der Wechsel in eine Kantonalbank ein wohltuender Schritt in ruhigere Gewässer?

Es ist überschaubarer, obs vermeintlich risikoloser ist, das wird die Zeit zeigen.

Sie müssen sich aber bei der SZKB weniger mit riskanten Geschäften beschäftigen, als wenn Sie Investment-Bankerin wären …

Die kritischen Geschäftsfelder werden von der SZKB nicht bewirtschaftet. Aber wir haben dadurch auch nicht dieselben Wachstumsmöglichkeiten. Im klassischen Privat- und Geschäftskunden-Bereich fühle ich mich sehr wohl. Das ist ein bodenständiges Geschäft. Zudem ist die SZKB privilegiert und hat einen schönen Marktanteil.

Ihr Markt ist aber beschränkt. Woher holen Sie Wachstum?

Unsere DNA ist sicherlich das Hypothekargeschäft. Aber Wachstum lässt sich aus den bestehenden Kundenbeziehungen generieren. Wir müssen unsere Kunden begleiten, beispielsweise beim Schliessen von Vorsorgelücken. Diesbezüglich erfüllen wir damit auch den Auftrag des Kantons, nämlich einen volkswirtschaftlichen Beitrag zu leisten und nachhaltig zu wirtschaften. 

««Wir müssen digital sein in den Prozessen, aber sehr persönlich im Kontakt.»»
Susanne Thellung, CEO der Schwyzer Kantonalbank

«Inside Paradeplatz» sprach Anfang Februar vom «Knall bei der SZKB». Die neue Chefin sei gefordert, weil vier von fünf Geschäftsleitungsmitgliedern das Schiff verlassen hätten. Ist das so?

Derzeit ist noch der Posten des Finanzchefs zu besetzen. Wir haben langjährige Mitarbeitende verloren, aber gleichzeitig erhielten wir die Chance, uns zukunftsorientiert aufzustellen.

Und die Wirren rund um die Pensionskasse Phoenix. Ist da Aufräumen angesagt? Für Sie oder für den Bankrat?

Diese Thematik gehört in den Aufgabenbereich des Bankrates.

Sie übernehmen die Strategie 2019 bis 2022, die unter Ihrem Vorgänger erarbeitet worden ist. Da heisst es als oberste Zielsetzung: wertschaffendes Wachstum. Erklären Sie das doch in drei Sätzen!

Im Kreditgeschäft verdient man immer weniger. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir dies kompensieren. Wir können entweder mehr Kredite sprechen oder beispielsweise unsere Kundinnen und Kunden beim Vermögensaufbau unterstützen. Unsere Kunden sollen von Beratungsdienstleistungen profitieren können – also für die Kundschaft Werte schaffen. Wir müssen digital sein in den Prozessen, aber sehr persönlich im Kontakt. Beim Besuch von Filialen stelle ich fest, wie stark unsere Mitarbeitenden in Vereinen verankert sind. Das schafft Nähe zu den Kunden.

Das tönt ja fast nach dem alten Prinzip, wonach ein Bankangestellter das Vereins-Kassieramt übernimmt …

Das ist durchaus im Interesse der Bank. Wir sind die Bank des Volkes, das möchte ich verstärken.

Da bleibt die SZKB weiterhin ein wichtiger Sponsor für allerlei Anlässe?

Ja, klar. Das gehört zur Kantonalbank.

Die SZKB verfügt mit 23 Filialen über das dichteste Bankennetz im Kanton. Halten Sie daran fest?

Unbedingt. Ich möchte noch mehr Kunden in unsere Filialen bringen.

Das heisst den Schalterkontakt fördern?

Ja, ich freue mich über jeden, der an den Bankschalter kommt.

Aber wenn ich am Bankomaten den günstigeren Eurokurs erhalte als am Schalter, heisst das für mich, dass man mich gar nicht am Schalter will.

Das heisst nicht, dass Sie am Schalter nicht willkommen sind. Im Gegenteil. Mit dieser Information durch die Person am Schalter macht man Sie auf die günstigste Möglichkeit aufmerksam, Euros zu beziehen.

Das Sparheft ist für die Sparerin ein Minusgeschäft, Kassenobligationen beinahe, Aktien sind Spekulation und die Immobilienpreise gehen durch die Decke. Wie legen Sie Ihr Geld an, bzw. was empfehlen Sie dem Durchschnittssparer?

Für meinen zweijährigen Sohn zahle ich beispielsweise monatlich 100 Franken in einen Fondssparplan mit 80 Prozent Aktien ein. Dieser Anlagehorizont ist ja relativ lange. Jedermann, der mehr als fünf Jahre nicht aufs Ersparte zurückgreifen muss, soll unbedingt am Aktienmarkt investieren. Es gibt entsprechende Anlagemöglichkeiten auch für Leute, die den Umgang mit Aktien nicht gewohnt sind. Da braucht es halt eben unsere individuelle Beratung.

Was halten Sie von Bitcoins?

Es gibt mehrere Hundert solcher Währungen. Die eine oder andere wird sich behaupten können. Die Blockchain-Technologie wird uns in Zukunft begleiten. Wir müssen es verstehen und abschätzen, was dies für unsere Kundschaft bedeutet.

Stefan Grüter, Redaktion March24/Höfe24
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