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Sport
15.03.2021
15.03.2021 09:04 Uhr

Das einstige «Turbo-Omi» wünscht sich einfach Normalität

Rita Zbinden ist die starke Frau im Fussballverband Region Zürich.
Rita Zbinden ist die starke Frau im Fussballverband Region Zürich. Bild: Bruno Füchslin
Die erste Frau an der Spitze eines SFV-Regionalverbands: Diese Plakette kann sich Rita Zbinden an ihre Jacke heften. Seit Oktober 2019 ist sie ad-interim-Präsidentin des Fussballverbands Region Zürich (FVRZ) und schöpft nach mehr als einem Vierteljahrhundert FVRZ-Tätigkeit aus dem Vollen.

Begonnen hat für Fussball-Rita alles, als ihr Papi sie jeweils Samstag und/oder Sonntag auf die Winterthurer Fussballplätze mitnahm. Da muss irgendetwas Unsichtbares den Weg ins Kinderherz gefunden haben – und dies hat sich mit der Verweildauer von nunmehr mehreren Jahrzehnten festgesetzt und dürfte zeitlebens nicht mehr Reissaus nehmen. Gewiss nicht das einzige Individuum, dem genau dies einst so oder ähnlich geschah. In Sachen Nachhaltigkeit jedoch – dem Lieblingssport weit übers Fussballfeld hinaus treu bleiben – ist die diplomierte Bankfachfrau eine beeindruckende Person mit Stehvermögen.

Mit 20 Jahren trat Rita Zbinden beim FC Münchenstein dem Vereinsfussball bei; sie erlebte die Anfänge des Frauenfussballs wortwörtlich hautnah. Weitere Stationen waren der DFC Spreitenbach und zum Schluss für ein paar Jahre die Blue Stars (NLA). Die so gut wie stets mit jüngeren Frauen zusammen spielende Verteidigerin durfte sich eines Tages – und ab da viele Jahre – den Übernamen «Turbo-Omi» anhören. Er wurde zum lieb gemeinten Zbinden-Pseudonym.

«Es geht und ging mir immer um die Sache – Kinder sind Kinder, unabhängig davon, welchen Dress sie tragen.»

Ferienvertretung als Dauerzustand

Eine Anfrage betreffend einer Trainer-Ferienvertretung im Junioren-Ea-Team des FC Zürich weitete sich aus: «Mit Kindern zusammen sein und mit ihnen etwas erleben – was gibt es Schöneres? Da vollzieht sich ein unausgesprochenes gegenseitiges Geben und Nehmen», schwärmt Rita Zbinden von diesen Zeiten. Nach zehn Jahren Ea-Trainerin wechselte sie zum Grasshopper-Club und trug dort die Gesamtverantwortung der grossen Junioren-F-Kategorie. Ohne Gewissensbisse einfach «über die Gleise»? «Vereine sind mir gleich wichtig; ich kann nicht diese und jene bevorzugen und dadurch andere faktisch oder emotional zurück stellen. Es geht und ging mir immer um die Sache – Kinder sind Kinder, unabhängig davon, welchen Dress sie tragen», begründet Zbinden ihre so gelebte aktive Neutralität.

Seit 1995 im Verband

«Nach und nach aber wurde mir das volle Engagement in Sachen Fussball zu viel», beschreibt die hier Porträtierte. «Mit 35 Jahren hörte ich mit der eigenen Karriere auf – nur ein Tag in der Woche ohne Fussball zehrte sowohl an Kräften wie der Freude.» Wo sich eine Türe schliesst, geht per diesem Luftzug eine neue auf: Der damals im Regionalvorstand tätige Hansruedi Kasper wurde bereits Jahre zuvor auf der Suche nach einer für den Frauenfussball zuständigen Person in Rita Zbinden fündig. Der Einstieg in dieses Metier geschah im April 1995; seither ist «Turbo-Omi» ununterbrochen in verschiedenen und/oder zusätzlichen Aufgaben im Verband tätig. Nach dem doch überraschenden Rücktritt des ehemaligen Präsidenten Sandro Stroppa einigte sich der Vorstand nach intensiven Diskussionen darauf, dass Rita Zbinden das Vorsitzenden-Amt ad interim übernehmen solle. Somit wurde sie zur Verbandschefin im FVRZ, dem auch die sieben Ausserschwyzer Fussballclubs angehören.

Bild: Bruno Füchslin

Viele Erfahrungen gesammelt

Und wie dem so ist: Die zum Sport paral­lel laufende berufliche Laufbahn half enorm mit, dass sich die Persönlichkeit entwickelte und festigte. «Einst wollte ich Kinder-Krankenschwester werden, machte dann aber 1974 eine dreijährige Ausbildung als Familienhelferin. Nach einigen Praxisjahren zog es mich für ein halbes Jahr nach England. Bereits da wie in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zeigte sich, dass ich in mehreren Firmen als Ausbildungsverantwortliche jeweils den für mich wohl idealen Job zugeteilt erhielt», resümiert Zbinden ihre Tätigkeiten. Seit 2012 arbeitet die diplomierte Bankfachfrau in einem 80%-Pensum als Kundenmanagerin in der UBS-Filiale Küsnacht.

«Seit Jahrzehnten infiziert»

An der Delegiertenversammlung vom 20. August diesen Jahres wird sich Rita Zbinden zur Wahl als weiterhin Vorsitzende stellen und hofft, dass aus dem aktuellen ad-interim-Status ein definitiver wird. Nicht nur, aber auch deswegen: «Ich möchte doch noch erleben, was ganz normale Saisons an zu bewältigenden Aufgaben parat halten. Ohne Corona mit seinen massiven Auswirkungen auf das Alltägliche und das Fussball-Leben. Ich bin schon seit Jahrzehnten mit dem Fussball-Virus infiziert – und einer dieser ‹Chäfer› ist genug …».

Bruno Füchslin, Fussball-Korrespondent March24 & Höfe24