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13.03.2021

Ein rätselhafter Fisch ist vom Aussterben bedroht

Bis zur Industrialisierung gehörten Aale hierzulande zu den häufigsten Fischen. Danach wurden Rhein, Rhone und Ticino für die Nutzung von Wasserkraft derart verbaut, dass die Aale heute vom Aussterben bedroht sind. 
Bis zur Industrialisierung gehörten Aale hierzulande zu den häufigsten Fischen. Danach wurden Rhein, Rhone und Ticino für die Nutzung von Wasserkraft derart verbaut, dass die Aale heute vom Aussterben bedroht sind.  Bild: Keystone
Der Aal gleicht eher einer Schlange als einem Fisch. Seit dem 1. Januar ist der faszinierende Alleskönner in der ganzen Schweiz unter Schutz gestellt und darf nicht mehr gefangen werden.

Er fasziniert, er ekelt und ist voller Geheimnisse: der Aal. Dieser Fisch, der älter ist als der Mensch, ist vom Aussterben bedroht. Der schlangenartige Fisch gelangt in unsere Gewässer vom Meer her, er schwimmt den Rhein, die Rhone oder die Ticino hinauf. Wasserkraftwerke kann er auf dem Landweg umgehen, da er sich einige Hundert Meter an Land über feuchte Wiesen aalen kann. Die grösste Gefahr für den Aal ist der Rückweg ins Meer: Von der starken Strömung getrieben, landet er oft in den Turbinen der Kraftwerke, wo er zerstückelt wird. Eine Lösung für dieses Problem ist leider noch nicht gefunden. Der Aal lässt sich nur retten, wenn es gelingt, die uralten Wasser-Wanderwege wieder zu öffnen und die Bestände zu schützen. 

Die ersten aalartigen Fische entwickelten sich vor über 100 Millionen Jahren. Die Aale gehören zu den ursprünglichsten Knochenfischen überhaupt. Bild: zvg

Kein beliebter Speisefisch

Auch Stefan Keller aus Altendorf, Präsident vom Kantonal Schwyzerischer Fischerverband (KSFV), ist vom Fisch des Jahres 2018 fasziniert. «Der selten gewordene Aal wird im Zürichsee schon seit längerer Zeit nicht mehr befischt», erzählt der Präsident. Als Speisefisch sei er bei den Schweizern nicht sehr beliebt, den meisten ist er zu fettig. «In Deutschland, Frankreich und Italien ist er jedoch hoch begehrt und wird in vielen Regionen als Spezialität geschätzt.» Im Kanton Schwyz wurden vor allem in den Seen, hauptsächlich im Lauerzersee, Aale gefangen. Wie in ganz Europa gingen auch hier die Fangzahlen zurück. Wurden Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre noch weit über 100 Aale in der Fangstatistik erfasst, wurden mit Ausnahme von 2011 (91) nie mehr über 50 erreicht. Tiefstwerte wurden in den Jahren 2016 (1), 2018 (1) und 2019 (3) verzeichnet. 

Der Aal kann alles

Der Aal ist ein Alleskönner. Er hält den Druck in mehreren Tausend Metern Meerestiefe aus und kann sich über Land aalen. Dabei nimmt er über seine Haut einen Teil des benötigten Sauerstoffs auf. Der Aal lebt in Süss- und in Salzwassern. Er ändert aber auch Farbe, Form und Namen. So wird er im Laufe seines Lebens vom Weidenblatt zum Glas-, Gelb- und schliesslich zum Blankaal und wandelt sich von einer durchsichtigen, weidenblattförmigen Larve zu einem erwachsenen, schlangenförmigen Fisch, bei dem Weibchen über einen Meter lang werden können. Der Aal kann mehrere Tausend Kilometer lange Distanzen zurücklegen, hat eines der besten Riechorgane in der Tierwelt und wird bis zu 20 Jahre alt. 

In den Flüssen und Seen Europas wachsen sie über Jahre zu Steigaalen heran. In diesem Stadium sehen sie dann endlich wie «richtige» Aale aus. Mit dem Erreichen der Geschlechtsreife verändern sie sich schliesslich noch ein letztes Mal: Das Maul wird spitzer, die Augen werden doppelt so gross, die Haut wird fester. Als sogenannte Blankaale wandern sie durch den Atlantik wieder zurück in die Sargassosee – ohne zu fressen und gegen den Golfstrom. In der Sargassosee paaren sie sich, laichen und sterben dann. «Das glaubt man zumindest, denn kein Mensch hat es je gesehen», so Keller.

Heidi Peruzzo, Redaktion March24 und Höfe24
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