Was will die Initiative?
Sie verlangt, dass Bund und Kantone preisgünstige Mietwohnungen mehr als bisher fördern. Gesamtschweizerisch sollen mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen gemeinnützigen, nicht gewinnorientierten Eigentümern gehören – in der Regel sind das Wohnbaugenossenschaften.
Wer steht hinter der Initiative?
Sie wurde 2016 vom Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband mit 104 800 gültigen Unterschriften eingereicht. Lanciert wurde die Vorlage wegen der Verknappung und Verteuerung der Mietwohnungen in städtischen Gebieten. Damals standen weniger freie Wohnungen zur Auswahl, als dies heute wieder der Fall ist.
Wer trägt die Initiative mit?
Der Mieterinnen- und Mieterverband wird von einer Allianz verschiedenster Verbände und Parteien unterstützt. So werben die SP, die Grüne Partei und ihre beiden jeweiligen Jungparteien für das Anliegen. Folgende Verbände tragen die Initiative unter anderem mit: Wohnbaugenossenschaften Schweiz, Casafair, Gewerkschaftsbund und Gewerkschaft Unia, Verband der Schweizer Studierendenschaften oder auch die Vereinigung aktiver Senioren- und Selbsthilfeorganisationen der Schweiz.
Welche Argumente listen die Befürworter auf?
Laut dem Initiativkomitee gibt es in der Schweiz zu wenig bezahlbare Wohnungen. Trotz tiefster Zinsen würden die Mietpreise weiter steigen, weil die gewinnorientierten Immobilien-Eigentümer nach hohen Renditen strebten. Die Mieten müssten gemäss den Initianten aufgrund der gesunkenen Zinsen 40 Prozent tiefer sein. Zudem sei das Angebot an günstigen Wohnungen insbesondere in städtischen Lagen immer noch sehr knapp. Die Miete sei mit Abstand der höchste Ausgabeposten im Haushaltsbudget – mit der Vorlage sollen darum insbesondere Familien und der Mittelstand unterstützt werden.
Wie wird die Initiative umgesetzt?
Der Bund soll zusammen mit den Kantonen dafür sorgen, dass künftig mindestens die oben erwähnten zehn Prozent aller neuen Wohnungen von gemeinnützigen Abstimmung vom 9. Februar Wohnbauträgern erstellt werden. Zur Erhöhung des Anteils des gemeinnützigen Wohnungsbaus sollen Kantone und Gemeinden für geeignete Grundstücke ein Vorkaufsrecht einführen können. Für Grundstücke des Bundes und von Bundesbetrieben sollen sie generell ein Vorkaufsrecht erhalten. Weiter sollen bestehende, preisgünstige Mietwohnungen als solche erhalten werden. Subventionen für energetische Sanierungen sollen darum nur noch gewährt werden, falls die bisherige Mieterschaft nach der Sanierung in der Wohnung bleiben kann. Damit soll verhindert werden, dass Liegenschaften aus reinem Renditedenken leergekündigt werden.
Wie fördert der Bund bisher den gemeinnützigen Wohnungsbau?
Er gewährt einerseits gemeinnützigen Immobilieneigentümern Bürgschaften zur günstigen Finanzierung von Kauf, Bau und Sanierung solcher Liegenschaften. Andererseits betreibt der Bund den «Fonds de Roulement», aus dem gemeinnützigen Wohnbauträgern verzinsliche Darlehen gewährt werden.Seit 2003 wurden aus dem Fonds rund 1500 preisgünstige Mietwohnungen unterstützt. Dieser Fonds wird nun für zehn Jahre um 250 Millionen Franken aufgestockt – aber nur, falls die Initiative an der Urne abgelehnt wird. Mit der Aufstockung soll sichergestellt werden, dass der gemeinnützige Wohnungsbau den jetzigen Marktanteil von vier Prozent halten kann.
Wer spricht sich gegen die Initiative aus?
Dem Komitee «Nein zur Mieterverbandsinitiative» gehört eine politische Allianz aus vielen nationalen BDP-, CVP-, EVP-, FDP-, GLP- und SVP-Exponenten an. Diese Parteien bekämpfen wie einige grosse Verbände die Vorlage: Hauseigentümerverband, Gewerbeverband, Baumeisterverband, Verband für Immobilienwirtschaft oder Verband Immobilien Schweiz.
Welches sind die Argumente der Gegner?
Sie weisen darauf hin, dass in den letzten 20 Jahren in der Schweiz noch nie so viele Wohnungen leer gestanden seien wie heute. Weiter wird die 10-Prozent-Quote für neue gemeinnützige Wohnungen als viel zu starr kritisiert. Eine Quotenregelung müsste auch erfüllt werden, wenn gar keine Nachfrage bestehe. Um die Umsetzung der Quote und die Einhaltung der neuen Regelungen zu überwachen, sei ein bürokratischer Kontrollapparat nötig. Dadurch würden Baubewilligungen noch komplizierter und Bauprojekte verzögert. Die Gegner sprechen von sozialistischer Planwirtschaft und drohender Verstaatlichung des Wohnungsmarkts. Als viel effizienter beurteilen sie die Möglichkeit, ärmere Familien durch direkte Zahlungen zu unterstützen, analog dem heutigen System der Krankenkassenprämienverbilligung.
Was sagen Bundesrat und Parlament zur Initiative?
Die Landesregierung sowie Nationalund Ständerat lehnen die Vorlage ab. Im Nationalrat sprachen sich 140 Vertretende dagegen und 56 dafür aus. Der Ständerat sprach sich mit 30 zu 13 Stimmen gegen die Initiative vonLinks-Grün aus.
Warum spricht sich der Bundesrat dagegen aus?
Er spricht von einer übertriebenen Forderung und einem schon jetzt ausreichenden Bestand an Mietwohnungen zu tragbaren Preisen. Zudem garantiere die Bundesverfassung die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus bereits heute in einem genügenden Masse. Auch befürchtet der Bundesrat wegen der strengeren Regeln für die staatliche Förderung von energetischen Haussanierungen die Unterlaufung derEnergiestrategie 2050.
Was kostet die Umsetzung der Initiative?
Der Bundesrat schätzt die Mehrkosten auf jährlich rund 120 Millionen Franken.