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Sport
15.02.2021

«Als der Sieg feststand, bekam ich Hühnerhaut»

Silvia und Bruno Suter mit ihren Söhnen Dario und Andy sowie Patricia Irniger mit Gottenkind Alessio stossen auf Corinne an. (Bild: Franz Steinegger)
Silvia und Bruno Suter mit ihren Söhnen Dario und Andy sowie Patricia Irniger mit Gottenkind Alessio stossen auf Corinne an. (Bild: Franz Steinegger) Bild: Franz Steinegger
Corinne Suters Familie stiess Zuhause mit einem speziellen Getränk auf die Goldmedaille an.

Als sie nach der Zieldurchfahrt mit der Startnummer 7 die Arme hochriss, wusste ich, dass sie ein gutes Gefühl hatte», erzählt Vater Bruno am Nachmittag des goldenen Tages bei Suters zu Hause in Schwyz, und schiebt nach: «Da habe ich gewusst, dass es klappen könnte.» Mutter Silvia ergänzt: «Das hat sie noch nie gemacht in einer so frühen Phase, nie.» Tatsächlich täuschte der Eindruck nicht. Corinne Suter, die 26-jährige Schwyzerin, holte fast genau 30 Jahre nach Franz Heinzers Triumpf Ende Januar 1991 den zweiten Weltmeitstertitel in der Abfahrt für den Skiclub Schwyz.

Emotionaler Anruf

Corinne hat nach dem Rennen nach Hause telefoniert. «Sie sagte nicht viel, aber es war sehr emotional. Ich hatte Tränen in den Augen. Sie hatte etwas Kopfweh und wollte sich ausruhen. Corinne hat gezeigt, was sie kann und hat ihr Ziel erreicht. Wir sind un­glaublich stolz auf sie», sagt Silvia Suter. Derweil marschierten schon die ersten Nachbarn auf und treichelten. Überall sprossen Plakate mit Glückwünschen an die neue Weltmeisterin aus dem Boden oder hingen an Hausfassaden.

Dario feierte gleichentags Geburtstag. «Ein schöneres Geschenk hätte ich nicht bekommen können», gönnt er seiner berühmten Schwester den Sieg. Andreas musste während des Rennens draussen arbeiten, stahl sich zwischendurch jedoch immer wieder davon, um im Büro kurz auf den Bildschirm zu schauen. Ein Hin und Her. «Als der Sieg feststand, bekam ich Hühnerhaut.»

Schade nur, dass sie nicht vor Ort bei diesem grossen Moment dabei sein konnten. «Theoretisch wäre es gegangen, aber wir hätten dauernd Coronatests machen müssen, wären anderen Hindernissen ausgesetzt gewesen und wären zu Corinne gar nicht vorgelassen worden. Deshalb haben wir verzichtet», erklärt Vater Bruno.

Viel in die Karriere investiert

Hat sich der Erfolg abgezeichnet? «Ja», sagen die Eltern. «Wir haben gewusst, dass sie es drauf hat, sowohl fahrerisch als auch mental. Aber bei einer Weltmeisterschaft ist alles anders. Sie findet nur alle zwei Jahre statt und es gibt nur ein Rennen, nur eine Chance für den Titel.» Silvia Suter-Deuber erzählt dann noch, wie sich Corinne nach dem mässigen Abschneiden in den letzten Weltcuprennen fragte, warum es nicht lief. «Sie ging zum Mentaltrainer und der konnte ihr den Knopf im Kopf lösen. Sie hat dem enormen Druck standgehalten. Ich habe immer an sie geglaubt.» Dazu habe ­sicher auch der 2. Rang im Super-G zwei Tage zuvor beigetragen.

Die Eltern haben viel in Corinnes Karriere investiert: Sie haben ihr die Sportschule ermöglicht, der Vater hat die Skier im Keller ihres Einfamilienhauses in der Obermatt präpariert. Die Mutter fuhr Corinne tausende Kilometer von einer Ecke der Schweiz zur andern an die Skirennen – bis sie dann ins C-Kader kam. Von da an übernahm Swiss-Ski diese Aufgabe.

Silvia erinnert sich noch an eine ­Geschichte aus diesen Anfängen: «Ich habe auf die von Bruno präparierten Skis jeweils vor dem Start mit den Handballen den Startwachs verstrichen. Zuerst haben mich alle dafür belächelt, doch schon nach wenigen Rennen gabs Nachahmer», erzählt sie schmunzelnd. Corinne weiss, was sie ihren Eltern zu verdanken hat, wovon das Bild von ihr mit den beiden Kristallkugeln an der Wand in der Stube zeugt, überschrieben mit «Mom+Dad. Danke für alles!!!»

Schwyz gratuliert:

  • Fans freuen sich über den Weltmeistertitel von Corinne Suter. (Leserbilder) Bild: Leserbilder
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Auf viel verzichtet

Heute wissen die Suters, dass Corinne alles richtig macht. «Wir wüssten nicht, was sie noch anders machen könnte. Wir können ihr nur noch helfen, indem wir da sind, wenn sie uns braucht», sagt Mutter Silvia, und Vater Bruno ergänzt: «Sie ist unglaublich kritisch gegenüber sich selbst und diszipliniert, auch zu Hause. Sie trainiert auch hier und schaut auf die Ernährung. Corinne ist extrem fokussiert und hat für ihren Erfolg auf viel verzichtet. «Unter anderem auf den Ausgang», sagt Bruder Dario schmunzelnd.

Nun erhält Corinne Suter ihr zweites Eringerkalb von ihrem eingefleischten Fan Kurt Summermatter aus Saas Fee. Wetten, dass es Cortina heissen wird? Denn das erste Kalb heisst Åre.Dieses erhielt sie nach ihren zwei ­WM-Medaillen in Åre vor zwei Jahren. Es ist im Stall des ehemaligen Spitzenschwingers Alex Auf der Maur. Åre steht vor dem Kalbern. Dann darf sie an den Eringer-Kuhkämpfen im Wallis teilnehmen.

Am Samstagnachmittag gaben sich bei Suters die Fernsehequipen die Türklinke in die Hand. Gefeiert wurde im Familienkreis mit einem speziellen Saft: «Super-G St. Anton am Arlberg 2021 3. Platz» stand auf der Etikette des «Schlumberger Austrian Sparkling». Bei der Siegerehrung verzichtete Lara Gut auf den Schluck aus der Champagnerflasche, worauf auch Corinne Suter, die Dritte wurde, die Flasche ebenfalls nicht öffnete. So stand sie nun bei ­Suters zu Hause und musste nicht lange darauf warten, um für den grössten Triumph von Corinne geöffnet zu werden. Auch wir sagen: Prost und viel Glück – nächstes Jahr ist Olympia.

Franz Steinegger, Bote der Urschweiz