Fehlender Kontakt in die Schweiz
So war die Familie persönlich nicht allzu sehr von der Corona-Pandemie betroffen. «Unser Corona-Alltag unterscheidet sich nicht allzu stark vom gewöhnlichen Alltag. Die Schulen waren immer geöffnet und wir konnten uns immer frei bewegen, vor allem hier in der Natur der Insel, aber auch in unserem Städtchen», erzählt die Auswanderin. Die Kinder hätten während der ganzen Krise die Musikschule besuchen können, nur gewisse Aktivitäten seien storniert worden. «Natürlich waren auch meine sozialen Kontakte
äusserst begrenzt. Trotzdem konnten wir aber immer Kontakt zu den nächsten Freunden pflegen und halt oftmals draussen was unternehmen. Wir waren bis anhin auch kerngesund und haben sehr viel Zeit miteinander verbringen können», beschreibt die gebürtige Höfnerin.
«Was halt zeitweise sehr traurig war – und immer noch ist –, ist der fehlende Kontakt zu unseren Lieben in der Schweiz. Auch wenn wir mehr denn je telefoniert haben, ist es halt nicht das Gleiche, wie wenn man sich persönlichen sehen und Zeit miteinander verbringen kann. Aber auch unserer Familie und unseren Freunden geht es so weit gut», sagt sie. Ihr Vater habe in diesen Tagen seinen 70. Geburtstag gefeiert. «Unsere Gedanken sind oft in der Schweiz und wir freuen uns schon jetzt riesig auf ein Wiedersehen», sagt sie.
Sämtliche Aufträge plötzlich weg
Beruflich hingegen änderte sich für Amanda Hessle vom einen Tag auf den anderen vieles. «Innert 48 Stunden verschwand im März alles, was ich mir in den vergangenen Jahren aufgebaut hatte», bringt es die 41-Jährige auf den Punkt. Sämtliche Aufträge seien plötzlich weg gewesen. «Die längeren Aufträge mit Gruppen aus der Schweiz, Stadtführungen, geführte Wanderungen, die Fahrten mit den Göta-Kanalschiffen, aber auch Übersetzungsaufträge und Vorlesungen – alles verschwand», fasst Amanda Hessle zusammen. Zu Beginn sei das sehr schmerzhaft gewesen, «da man sich nach jahrelanger harter Arbeit etwas aufgebaut hat, das einem am Herzen liegt». Auch Monate danach fühle sie sich manchmal traurig. «Mit Passion bei der Arbeit zu sein, kann sich als schwierig erweisen, wenn einem diese Passion plötzlich genommen wird.» Aber: «Ich bin von Grund auf eine positive Person und war von Anfang an entschlossen, diese Krise zu meistern», so Hessle.
Von der Hotelrezeption zu Telefonführungen für Blinde
Nebst Networking hat die Freienbacherin die Zeit genutzt, um mithilfe von professionellen Fotografen ihr Fotomaterial für zukünftiges Marketing zu verbessern. Ausserdem brachten sie ihre Webseite auf Vordermann. Im Sommer übernahm sie eine Teilzeitanstellung an der Rezeption eines Hotels am Göta-Kanal. Das rettete ihr einen Teil ihres Einkommens. Zudem hatte sie so Gästekontakt, «was mir sehr viel Energie und Freude geschenkt hat», erinnert sich Amanda Hessle.
Durch das staatliche Lokalradio kam sie mit dem schwedischen Blindenverband in Kontakt. Dies führte dazu, dass sie im Sommer jeden Dienstag Telefonführungen für blinde und sehbehinderte Menschen angeboten hat. «Während drei Nachmittagen reisten wir entlang der ganzen Hurtigrutenstrecke von Bergen nach Kirkenes und während zwei weiteren Nachmittagen entlang des ganzen Göta-Kanals zwischen Göteborg und Stockholm. Dabei erzählt man auf beschreibende Weise und mit Details, was auf der Reise zu sehen ist», führt Hessle aus. Dieses Projekt habe ihr sehr viel Spass gemacht, und sie versuche nun, dies weiterzuentwickeln. «Ich denke, ich
habe da viele Möglichkeiten. Jetzt gerade via Telefon, aber später dann vielleicht in Kombination mit ‹richtigen› Reisen, während denen ich solche Gruppen begleite», so die
Wahl-Schwedin.
Des Weiteren habe sie versucht, sich der Online-Welt anzupassen. «So habe ich zum Beispiel einen Live-Stream zum Thema Hospitality angeboten und dabei auch den einen oder anderen Vorlesungsauftrag auffangen können», führt sie aus. «Ausserdem konnte ich im Sommer und teilweise auch im Herbst einige Kleingruppen während einigen Stunden hier in der Inselwelt, in Mariestad oder entlang des Göta-Kanals begleiten, und dadurch meine Guidearbeit zumindest ein wenig ausüben.»
Zusammenfassend könne sie sagen, dass sie sich und die Kinder bis anhin gerade so über Wasser halten konnte. Ein Teil Erspartes brauche es dazu, «und halt versuchen, die Ausgaben ein bisschen zu beschränken». Bis zum heutigen Tag habe sie als Einzelfirma noch keine einzige Krone an Hilfsleistungen bekommen. «Ich bin aber guten Mutes, dass auch wir ‹Kleinen› schlussendlich etwas unterstützt werden. Viele leiden stark unter der ganzen Situation. Auch ich hatte und habe wirklich zu kämpfen, konnte aber immer die Ruhe und halt eben auch Arbeitsfreude und Mut bewahren. Dabei haben unendlich viele Gespräche mit Kunden und Partnern, mit denen ich zusammenarbeite, sowie auch Freunden geholfen», resümiert die dreifache Mutter.