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Sport
15.12.2020
15.12.2020 15:32 Uhr

Carlo Janka: Zwischen Hoffnung und Resignation

Carlo Janka hatte tiefe Erwartungen an das Rennen vom Wochenende, zeigte aber dennoch eine  gute Leistung. (Bild: Keystone)
Carlo Janka hatte tiefe Erwartungen an das Rennen vom Wochenende, zeigte aber dennoch eine gute Leistung. (Bild: Keystone) Bild: Keystone
Die Rückenschmerzen von Carlo Janka sind nichts Neues. Sie entscheiden darüber, wie unbeschwert der 34-jährige Speedspezialist eine Saison bestreiten kann. Im Vorfeld war Janka wenig optimistisch, der 18. Platz zum Auftakt ist aber ein positives Zeichen.

Carlo Janka befindet sich in seiner 16. Weltcupsaison. Im vergangenen Winter gelang ihm mit zwei dritten Plätzen in der Abfahrt die Rückkehr aufs Podest. Zurück in der erweiterten Weltspitze – nach zweieinhalb Jahren Unterbruch. Janka war wieder dort angekommen, wo er sich selbst aufgrund seiner fahrerischen Fähigkeiten immer gesehen hatte, es aber wegen Rückenschmerzen nur noch selten zeigen konnte.

Als Grund für die erfolgreiche letzte Saison liess er verlauten, dass er den passenden Trainingsumfang für seinen Rücken gefunden hätte. Übersetzt meinte Janka damit: Er hat sein Trainingsvolumen in der Vorbereitung deutlich zurückgeschraubt. Daraus ergab sich bekanntlich die zufriedenstellende Bilanz von zwei dritten Plätzen. Einen in der ersten Abfahrt in Lake Louise und einen in der letzten in Kvitfjell. Das Sprichwort «weniger ist mehr» bewahrheitete sich – zugunsten des 34-jährigen Skirennfahrers.

Auch Super-G steht auf der Kippe

Nun haben die Speedfahrer am letzten Wochenende ihre Saison eröffnet. Optimistisch war Janka im Vorfeld der Rennen nicht. Im Zusammenhang mit seinem Rücken fallen Aussagen wie: «Es war den ganzen Sommer schon mühsam.» Und: «Ich kann nur hoffen.» Weshalb? Weil sich Jankas Rücken deutlich schlechter anfühlt als noch vor einem Jahr.

«Ich habe alles Mögliche gegen die Schmerzen versucht – leider ohne Erfolg.»
Carlo Janka, Skirennfahrer

Mitten in der Vorbereitung musste der Super-G- und Abfahrtsspezialist eine sechswöchige Trainingspause auf dem Schnee einlegen. Tatenlos blieb er während dieser Auszeit jedoch nicht. In regelmässigem Wechsel standen Krafttraining und Schonung des Rückens an. Hinzu kam eine Therapie mit vier Spritzen in die Zwischenwirbelgelenke, um den Schmerz lokalisieren zu können. Gewirkt hat es nicht. Janka sagt: «Ich habe alles Mögliche versucht – leider ohne Erfolg.»

Ebenfalls nicht förderlich war das eine oder andere Riesenslalomtraining in der Vorbereitung. Die Basisdisziplin dient oft dazu, am schnellen Schwung zu feilen. Fährt man gut Riesenslalom, kann man dieses Gefühl in die schnellen Disziplinen mitnehmen. Doch für Janka waren die vielen ruckartigen Bewegungen und Richtungswechsel einst nicht förderlich. Zumindest wettkampfmässig absolvierte er den Riesenslalom schon lange nicht mehr. Das Training in der Basisdisziplin hat ihm neulich wiederum gezeigt, weshalb.

«Beim Super-G muss ich mich fragen, wie viel Sinn es für meinen Rücken noch macht.»

Aber Janka geht noch einen Schritt weiter und sagt: «Auch beim Super-G muss ich mich fragen, wie viel Sinn es für meinen Rücken noch macht.» Auch, weil er sich nicht sicher sein kann, starten zu dürfen. Bis auf einen letzten Platz sind alle vergeben. «Momentan habe ich nicht die besten Karten, diesen Startplatz für mich beanspruchen zu dürfen.» So kam er am Samstag beim Premierensieg von Teamkollege Mauro Caviezel nicht zum Einsatz. Dennoch konnte Janka am Sonntag in der Abfahrt überzeugen. Der 18. Platz ist mehr, als sich der Bündner mit seinem lädierten Rücken erhoffen konnte.

Tiefe Erwartungen

Trotzdem gilt es für ihn weiterhin, seinem Rücken Sorge zu tragen. Dies hat Janka wiederum in den Trainings erlebt. Je mehr Fahrten er absolvierte, desto stärker wurden die Schmerzen. «Wenn ich in diesen Situationen nicht auf meinen Körper höre, dann falle ich lange aus. Das will ich natürlich unbedingt ­vermeiden», sagt er. Und dass er mit solchen Gedanken im Kopf auch nicht zu Höchstleistungen in den Trainingsläufen fähig war, erklärt sich von selbst. «Nicht nur die Menge an Fahrten hat gefehlt, sondern auch die Qualität. Das hat sich dann auch in meinen Zeiten niedergeschlagen und im Vergleich mit meinen Teamkollegen gezeigt.»

Entsprechend tief sind seine Erwartungen an den Weltcupwinter. Von «habe nichts zu verlieren» bis «versuchen und schauen, was mit diesem Rücken möglich ist» – in etwa so die Tonalität. Und doch will Janka, wenn immer möglich, am Start stehen, sofern es der Rücken erlaubt. Denn was er aus den vergangenen Jahren auch mitgenommen hat: Dass das Adrenalin während der Rennen die Rückenschmerzen ausblendet. Und dass er dann, zumindest in der Abfahrt, noch immer ganz vorne mitfahren kann – das braucht nach der vergangenen Saison keinen Beweis mehr.

Stefan Salzmann, Südostschweiz