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12.11.2020
12.11.2020 16:15 Uhr

Fussball ist zur Nebensache geworden

Tritt von der Fussball-Bühne ab: Maurice Brunner bestritt am 12. September seine letzte Partie im Trikot des FC Rapperswil-Jona und hat damit seine 2011 gestartete Profi-Laufbahn beendet. (Bild: Franz Feldmann)
Tritt von der Fussball-Bühne ab: Maurice Brunner bestritt am 12. September seine letzte Partie im Trikot des FC Rapperswil-Jona und hat damit seine 2011 gestartete Profi-Laufbahn beendet. (Bild: Franz Feldmann) Bild: Franz Feldmann
Der FC Rapperswil-Jona muss künftig ohne Maurice Brunner auskommen. Der langjährige Profi-Fussballer fokussiert sich auf seine neue Berufung in der Privatwirtschaft und ein Teilzeit-Studium. Auf seine Laufbahn blickt der 29-Jährige zufrieden zurück.

Noch ist für Maurice Brunner sein neuer Alltag etwas gewöhnungsbedürftig. Dieser drehte sich zwei Jahrzehnte lang fast nur um Fussball. 2001 hatte alles begonnen, als der damals Zehnjährige vom FC Stäfa in den Nachwuchs des FC Zürich wechseln durfte. Im Stadtklub wurde sein Talent gefördert, er arbeitete sich stetig hoch, bis in die erste Mannschaft. 2011 ging für den Hombrechtiker sein Bubentraum in Erfüllung: Er erhielt einen Profivertrag und kam am 11. September zum Debüt in der Super League.

Doch nun geben nicht mehr Trainings- und Anspielzeiten den Takt seines Lebens an, denn Brunner ist als Spitzensportler zurückgetreten. «Vor allem die Gestaltung der Abende ist völlig neu für mich. Sonst bin ich meine Energie auf dem Rasen losgeworden, nun habe ich noch welche für mich», sagt der 29-Jährige. Und ihm bleibe mehr Zeit für sich, die er möglichst produktiv nutze. «Effizienter und zielgerichteter als vorher.»

Vertrag beim FCRJ aufgelöst

Maurice Brunner hat sich bewusst schrittweise aus dem Spitzenfussball zurückgezogen. «Ab einem gewissen Alter verschwinden die realistischen Chancen, in grossen Ligen zu spielen und die Challenge League war auch nicht mehr eine erfüllende Alternative für mich», gibt er zu bedenken.

Im Sommer 2019 war der Mittelfeldspieler vom Challenge-League-Klub Vaduz zum FC Rapperswil-Jona in die Promotion League gewechselt. «Drei unvergessliche Jahre» habe er zuvor im Fürstentum erlebt – mit der ersten Saison (2016/17) als Highlight: «Da bin ich immer zum Einsatz gekommen und habe eine wichtige und gute Rolle spielen können.»

Maurice Brunner im weissen Trikot des FC Vaduz. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

Beim FCRJ unterschrieb Brunner einen Vertrag bis Juni 2021. Diesen hat er Mitte Oktober im Einvernehmen mit dem Verein aufgelöst.

Sich von neuem etablieren

Mit der Corona-Pandemie habe sein Karriereende keinen Zusammenhang, sagt Brunner, gesteht aber: «Ich hätte wohl Schwierigkeiten gehabt, mich weiter zu motivieren ist dieser mühsamen und schwierigen Situation.» Entscheidend für den Schritt war, dass sich ihm eine Chance in der Privatwirtschaft geboten hat. In einer Grossbank hatte Brunner einst eine Ausbildung zum Kaufmann absolviert, diesen Frühling hat er nun eine Stelle beim Planungs- und Ingenieurbüro TBF + Partner AG in Zürich angetreten. «Ich fühle ich mich sehr wohl dort und ich bin im kaufmännischen Bereich tätig», berichtet Brunner stolz. Künftig will er sich intern weiterentwickeln und etablieren, so wie ihm dies im Fussball gelungen war.

Parallel zum neuen Job hat Brunner ein Betriebsökonomie-Teilzeitstudium begonnen, das vier Jahre dauert. «Am Montag habe ich ganztags, am Dienstag und Donnerstag jeweils abends Unterricht.» Ihm ist wichtig, mit dem Schulstoff am Ball zu bleiben. «Ich will und kann mich in meinen neuen Tätigkeiten weiterentwickeln, deshalb ist Fussball nun zur Nebensache geworden», gibt der Hombrechtiker zu verstehen. Neben Job und Studium unterstützt Brunner seine langjährige Partnerin beim Aufbau eines eigenen Unternehmens. «Sie hat in Istanbul das Modelabel J by Jessica Kovacs gegründet und betreibt zwei Online-Shops», verrät er.

Auf seine Fussball-Laufbahn blickt Maurice Brunner mit Genugtuung zurück: «Ich bin glücklich und zufrieden mit dem, was ich erreicht, erlebt und durchgestanden habe.» Seine Karriere habe er bei jedem Vereinswechsel reflektiert. «Da macht man jeweils eine Standortbestimmung, schaut darauf zurück, was man vorzuweisen hat und überlegt sich, wohin man es noch schaffen kann.» Er kam schon im vergangenen Jahr zum Schluss, dass er seine Weichen für die Zukunft neu stellen muss. Und er ist froh, ausgerechnet im Corona-Jahr abtreten zu können. Ihm ist bewusst: «Offenbar habe ich einen guten Zeitpunkt für den Ausstieg erwischt.»

Dominic Duss, Zürichsee-Zeitung