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Sport
30.09.2020
01.10.2020 16:22 Uhr

National League startet in eine ungewisse Corona-Saison

Spezielle Saison: Aufgrund des Coronavirus dürfen die Zuschauer nur mit Masken ins Stadion. (Bild: Keystone)
Spezielle Saison: Aufgrund des Coronavirus dürfen die Zuschauer nur mit Masken ins Stadion. (Bild: Keystone)
Heute startet die National League in die neue Saison. Es wird eine Saison sein, wie sie Spieler, Fans und Funktionäre noch nie erlebt haben. Eine faire Saison wird es nicht geben. Die Vereine haben aber vorgesorgt.

von Lars Morger

Nach mehr als sechs Monaten wird ab Donnerstag endlich wieder Spitzeneishockey gespielt. Aufgrund der Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geschieht dies zwei Wochen später als geplant. Ab dem ersten Spieltag dürfen die Clubs ihre Stadien mit zwei Dritteln der Sitzplätze füllen. Es herrscht strikte Maskenpflicht und die Zuschauerinnen und Zuschauer werden in Sektoren unterteilt. Die Bewilligungshoheit liegt bei den einzelnen Kantonen, die eine Bewilligung jederzeit wieder zurückziehen können.

Zu 100 Prozent fair wird diese Saison nicht werden. Zu unterschiedlich ist die Situation in den Kantonen, die wohl kaum jedes Spiel mit zwei Dritteln Stadionkapazität erlauben werden. Aus sportlicher und auch finanzieller Sicht ist es daher wichtig, dass der Abstieg für ein Jahr ausgesetzt wird. So wird vermieden, dass die Klubs in Zeiten finanzieller Engpässe keine verzweifelten Ausgaben tätigen. Neu sind in diesem Jahr auch die sogenannten Pre-Play-offs, in denen die Teams auf den Rängen 7 bis 10 um die zwei verbleibenden Play-off-Plätze kämpfen.

Sportlich ist die Ausgangslage spannend. Ein Überblick:

ZSC Lions

Die ZSC Lions gehören auch in diesem Jahr zu den grossen Favoriten auf den Meistertitel. Den Verlust von Topskorer Pius Suter machten die Zürcher mit dem Zuzug von Ex-NHL-Spieler Sven Andrighetto mehr als wett. Der ehemalige Zürcher Junior wird in der Liga für Spektakel sorgen und macht die sonst schon qualitativ äusserst gut besetzte Mannschaft des schwedischen Cheftrainers Rikard Grönborg noch besser.

Nationalspieler Sven Andrighetto spielt neu bei den ZSC Lions. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

EV Zug

Die Mannschaft des EV Zug ist grösstenteils gleich wie die letztjährige. Nach Startschwierigkeiten kamen die Zuger immer besser in Fahrt und schlossen die Qualifikation auf dem zweiten Platz ab. Auch in diesem Jahr gehören die Zuger um Stargoalie Leonardo Genoni und Torjäger Gregory Hofmann zu den Favoriten auf den Qualisieg und den Meistertitel.

HC Davos

Praktisch unverändert geht der HC Davos in die neue Saison. Auf der Torhüter-Position konnten die Bündner mit Robert Mayer einen der begehrtesten Goalies auf dem Markt holen. Dazu kommt der Finne Teemu Turunen als vierter Ausländer. Grosse Transfers blieben sonst aus, der HCD hat einzig fünf neue Spieler aus dem eigenen Nachwuchs unter Vertrag genommen. Mit den Bündnern ist auch in dieser Saison wieder zu rechnen.

Robert Mayer kommt von Genf-Servette nach Davos. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

Genf-Servette HC

Die junge Truppe aus Genf vermochte im letzten Jahr mit dem vierten Qualiplatz zu überraschen. Mit Goalie Robert Mayer verliert Genf die defensive Lebensversicherung, die mit Daniel Manzato nur teilweise ersetzt werden konnte. Für Spektakel sorgen wird der schwedische Stürmer Linus Omark, der von Ufa aus der KHL kommt. Zusätzlich konnten die Servettiens mit Joel Vermin einen Transfercoup landen.

Joel Vermin war Teil einer sommerlichen Transfersaga und wechselte daraufhin von Lausanne nach Genf. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

Lausanne HC

Die Waadtländer haben einen neuen Besitzer, der gleich zu Beginn für Unruhe sorgt. Der Tscheche Petr Svoboda hat beschlossen, Joel Vermin, einer der besten Schweizer im Team, rauszuschmeissen. Die Transfersaga hat erst vor zwei Wochen ein Ende gefunden. Ob die Mannschaft sich davon erholt? Bekommen die Lausanner diese Probleme in den Griff, gehören sie zu den nominell am besten besetzten Mannschaften.

EHC Biel

Die Bieler mussten im Sommer einen Rückschlag hinnehmen, als ihr Cheftrainer Antti Törmänen an Krebs erkrankt ist. Für ihn übernimmt eine Saison der ehemalige Berner Meistertrainer Lars Leuenberger. Er muss mit der schwierigen Ausgangslage zurechtkommen. Die Mannschaft des EHCB ist auch in dieser Saison stark besetzt. Den zurückgetretenen Torhüter Jonas Hiller ersetzen die Seeländer mit Joren van Pottelberghe, der vom HC Davos kommt.

Lars Leuenberger ersetzt an der Bande des EHC Biel den an Krebs erkrankten Antti Törmänen. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

HC Lugano

Die Luganesi haben im letzten Jahr ihre neu angelegte Bescheidenheit schnell abgelegt und auf diese Saison aufgerüstet. Mit Mark Arcobello (vom SC Bern) und Ex-NHL-Spieler Mikkel Boedker hat Sportchef Hnat Domenichelli viel Glanz in die Mannschaft gebracht. Lugano ist ähnlich wie Fribourg: Es sorgt immer für beste Unterhaltung. Ob die Tessiner so endlich zu den glamourösen alten Zeiten zurückkehren können, wird sich zeigen.

Ex-NHL-Star Mikkel Boedker stürmt neu für Lugano. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

HC Fribourg-Gottéron

Die Freiburger starten mit fünf Ausländern in die neue Saison. Mit den Zuzügen von Yannick Herren und Chris DiDomenico gewinnt die Offensive an Feuerkraft. Doch Gottéron ist Gottéron. Wenn es rockt, dann rollt es. Wenn nicht, sägen die Lokalmedien schnell am Stuhl von Trainer und Sportchef Christian Dubé. Gottéron garantiert immer Spektakel – ob positiv oder negativ.

Badboy Chris DiDomenico spielt neu bei Fribourg-Gottéron. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

SC Bern

Nach der komplett missratenen letzten Saison hat Ligakrösus Bern einiges wiedergutzumachen. Mit dem neuen Trainer Don Nachbaur und Sportchefin Florence Schelling geht der SCB mit einer neuen sportlichen Leitung in die Saison. Mit Ted Brithén (aus Schweden) und Dustin Jeffrey (von Lausanne) haben die Hauptstädter auch neues ausländisches Personal. Das gute für Bern: Es kann nur besser werden als letztes Jahr. Das schlechte: Das Kader ist nicht wirklich besser als vor einem Jahr.

Florence Schelling ist als erste weibliche Sportchefin die starke Frau beim SC Bern. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

HC Ambri-Piotta

Der HCAP hat im Sommer mit Fabio Hofer (nach Biel) einen wichtigen Spieler verloren. Doch Sportchef Paolo Duca hat als Ersatz eine Rolex auf dem Transferwühltisch gefunden. Der Finne Julius Nättinen gilt als enorm talentiert und in der Leventina spricht man bereits von einem neuen Dominik Kubalik. Ambri wird wie jedes Jahr zu den Teams gehören, die um die Teilnahme an den Pre-Play-offs kämpfen müssen.

Ambris Hoffnungen ruhen auf dem Finnen Julius Nättinen, der schon als nächster Dominik Kubalik gefeiert wird. (Bild: Keystone) Bild: Keystone

SCL Tigers

Mit den SCL Tigers rechnet in dieser Saison niemand. Trainer Heinz Ehlers, der einen grossen Anteil an den Erfolgen der Vergangenheit hat, ist weg, genau wie Leitwolf Chris Di Domenico und Topskorer Harri Pesonen. Aufgrund von Sparmassnahmen werden die Langnauer vermutlich mit nur zwei Ausländern in die Saison starten. Das sind schwierige Voraussetzungen.

SCRJ Lakers

Die Lakers wollen weiter nach vorne. Das Ziel ist eine Teilnahme an den Pre-Playoffs, für die der zehnte Tabellenplatz notwendig ist. Die Mannschaft ist besser als noch im letzten Jahr und verfügt mit dem Tschechen Roman Cervenka, Kevin Clark (CAN), Andrew Rowe und Steve Moses (beide USA) über eines der besten Ausländerquartette der Liga. Ausserdem schwächelt die Konkurrenz – eine grosse Chance für Rapperswil.

Der Amerikaner Steve Moses kommt aus der KHL zu den SCRJ Lakers. (Bild: Lakers) Bild: Lakers

Kommentar

Langsam, aber stetig vorwärts

von Lars Morger, Sportredaktor March24 & Höfe24

Die Pre-Playoffs sollen es in diesem Jahr werden. Dies haben die SCRJ Lakers im Vorfeld der heute beginnenden Saison klar kommuniziert. Dafür haben die Lakers auf diese Saison auch einiges getan. Nicht weniger als 15 Spieler haben den Verein verlassen, sieben neue sind gekommen. Das Kader wurde ausgedünnt, um in der Kabine für eine bessere Stimmung zu sorgen. Ausserdem hat der tüchtige Sportchef Janick Steinmann auch Spieler mit viel Qualität geholt, wie zum Beispiel den Amerikaner Steve Moses. Überhaupt darf das Ausländerquartett zu den besten der Liga gezählt werden. Auch an Entwicklungspotenzial fehlt es den Lakers nicht, denn im Kader stehen viele junge Spieler.

Der Klub geht damit seinen Weg, unbeirrt von der Corona-Krise, weiter. Im ersten Jahr in der National League war den Verantwortlichen bewusst, dass es schwierig wird. Auf letzte Saison hat man das Kader aufgerüstet, um näher an die Konkurrenz ranzukommen, was auch funktioniert hat. Nun ist es Zeit für den nächsten Schritt. Weg vom letzten Platz soll es gehen, man will in den Pre-Playoffs mitspielen. Dafür ist mindestens der zehnte Tabellenplatz notwendig. Es ist ein machbares Ziel.

Denn mit der Konkurrenz um diesen zehnten Platz sind die Lakers auf Augenhöhe. Sie könnten profitieren, falls die Konkurrenten schwächeln. Die SCL Tigers werden die Saison wohl mit zwei, maximal drei gesunden Ausländern in Angriff nehmen. Und diese Ausländer machen bei den kleinen Klubs den Unterschied aus. Die meisten Experten sehen die Tigers auf dem letzten Platz. Auch der HC Ambri-Piotta ist für die Lakers zu packen, wenn es gut läuft. 

Sollten die Lakers in dieser aussergewöhnlichen und unsicheren Saison tatsächlich die Pre-Playoffs erreichen, dürfen sich die Verantwortlichen auf die Schulter klopfen. Denn dann hat sich ihre Strategie, zwar langsam, aber stetig und mit der nötigen Unaufgeregtheit einen Schritt nach vorne zu machen, mehr als bewährt.

Lars Morger, Redaktion March24/Höfe24