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08.08.2023

Weniger Arbeit für Behinderte

Stiftung Brunegg (Symbolbild)
Stiftung Brunegg (Symbolbild) Bild: zvg
Einfache aber wertvolle Arbeiten werden durch die Digitalisierung der Wirtschaft knapper. Das spüren Stiftungen für Menschen mit reduzierte Fähigkeiten am Zürichsee.

Menschen mit einer geistigen, körperlichen oder physischen Beeinträchtigung brauchen eine sinnstiftende Tätigkeit und die Einhaltung eines geregelten Tagesablaufs. Routineaufgaben sind für diese Menschen besonders wertvoll, und die Arbeit sorgt für Selbstbestimmtheit und Förderung der Teilhabe an der Gesellschaft.

Doch genau diese Arbeiten wie Couverts zukleben und Etiketten, überhaupt Verpackungs- oder Mailingaufgaben, wie das Verschicken von grossen Postsendungen, werden immer seltener. Die Digitalisierung macht es den sozialen Institutionen am Zürichsee nicht einfach, wie zum Beispiel der Martin-Stiftung in Erlenbach. Es ist schwierig geworden, genügend Aufgaben für diese Menschen zu finden.

Mittelfristig neue Ausrichtung

In Erlenbach arbeiten unter Kurt Epting, Leiter Kompetenzkreis Produktion und Verkauf, rund 50 Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen in verschiedenen Werkstätten. Neben falten, verpacken, umpacken, etikettierten, zählen, kontrollieren, einschweissen und stanzen, werden auch Kleinteile wie Dübel und Nägel abgefüllt oder auch Flüssiggüter und Lebensmittel.

Auch Warenmuster, Werbesendungen und Wahl- oder Abstimmungsunterlagen stellen diese Menschen zusammen. Auch eine Schreinerei, ein Quartierladen, eine Produktionsgärtnerei und ein Blumenladen werden betrieben.

Anspruchsvoll ist es geworden, um genügend Aufträge für die Werkstätten zu bekommen. Das hat zur Folge, dass die Institution sich mittelfristig neu ausrichten muss, so Epting.

Eine Arbeitsgruppe wird sich nun dem Thema annehmen. Das Schwierigste ist, dass die Arbeitsschritte verkleinert werden müssen, damit sie von den Mitarbeitenden ausgeführt werden können. Noch hat die Martin-Stiftung langjährige Kunden, wie zum Beispiel ein grosses Unternehmen, das zum Teil automatisiert läuft, doch immer noch einen Teil der Dübel einpacken lässt.

Transformationsphase der Werkstätten

Soziale Werkstätten stehen laut Epting vor einer Transformationsphase und Corona hat diesen Prozess beschleunigt. Die Situation ist ernst geworden und deshalb müssen neue Arbeitsfelder generiert werden.

Die Humanitas-Stiftung in Horgen spürt nach Geschäftsleiter, Urs Ammann die Automatisierung und Digitalisierung auch, doch bezeichnet er die Situation nicht als sehr düster. Sie haben nun diverse Aufträge, die einst im Ausland gefertigt wurden. Die Gründe waren, dass die Qualität mangelhaft war oder die Termine nicht eingehalten wurden, deswegen erhielt die Stiftung die Aufträge.

Espas in Richterswil verlor auch einen Teil der Aufträge wegen digitalen Lösung. Das Sozialunternehmen kümmert sich um die Teil- oder Reintegration von Menschen mit psychischen und körperlichen Erwerbseinschränkungen in den Arbeitsmarkt.

Die Menschen brauchen Arbeit

Urs Affentranger ist Betriebsleiter Projekt Restwert und sagt, dass es in erster Linie nicht um den finanziellen Schaden geht, sondern darum, dass die Arbeit fehlt. Die Eingliederungsstätte ist deshalb ständig auf der Suche nach neuen Kunden und passenden Aufträgen.

Das Projekt Restwert besteht aus gebrauchter Ware, die bei der Stiftung in Richterswil und Zürich abgegeben werden kann. Die Mitarbeitenden verkaufen diese dann auf der Onlineplattform Ricardo. Es braucht für ein einzelnes Produkt 50 Arbeitsschritte. Es gibt einfache Aufgaben wie Putzen, aber auch solche, die etwas komplexer sind wie das Inserieren oder auch Auszahlen von Kunden.

Das Projekt ist eine sinnvolle Arbeit, welche nahe am ersten Arbeitsmarkt ist. Das Projekt wird an 17 Standorten in der Schweiz betrieben und bringt interessante, regelmässige Arbeit, so Affentranger.

Bevölkerung trägt mit

Die Stöckenweid in Feldmeilen ist nicht arg betroffen, dass vieles automatisiert wurde. Sie verpackten bis jetzt sehr wenig, erklärt der Stiftungsrat, Kuno Müller-Matthys und setzen vor allem auf den Betrieb einer Demeter-Gärtnerei, die in den nächsten Jahren verlegt werden soll, einen Bioladen, einer Schreinerei und natürlich der Brocki-Beiz. Mit diesen Aufgaben sind sie weniger von externen Firmenaufträgen abhängig.

Bei der Stiftung Brunegg in Hombrechtikon sind 100 Menschen in der Gärtnerei und Floristik beschäftigt. Geschäftsführer, Thomas Schmitz, hat für seine Leute immer Arbeit. Doch auch die Brunegg ist froh, wenn man sie nicht vergisst. Sie brauchen Aufträge. Die Bevölkerung trägt die Produkte und auch die Angebote werden genutzt.

Patricia Rutz, Goldküste24/Höfe24&March24