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21.02.2022

Das falsche Video gespeichert

Kürzlich musste sich ein 20-Jähriger wegen mehrfacher Pornografie vor dem Bezirksgericht verantworten.
Kürzlich musste sich ein 20-Jähriger wegen mehrfacher Pornografie vor dem Bezirksgericht verantworten. Bild: unsplash
Wie Gespräche mit der Jugendstaatsanwaltschaft und zischtig.ch zeigen, ist der falsche Umgang mit pornografischen Videos ein zunehmendes Problem.

Der junge Märchler hatte Pech. Instagram, das soziale Netzwerk aus Amerika, war auf ihn aufmerksam geworden, da er pornografische Videos herumschickte. Die USA kontaktierten Bern und schon bald stand die Polizei vor der Tür des jungen Mannes, um sein Handy zu konfiszieren. Ende Januar musste der 20-Jährige schliesslich vor dem Bezirksgericht Lachen antraben.

Auf seinem Handy wurden mehrere pornografische Videos gefunden, welche sexuelle Handlungen mit Tieren oder Minderjährigen sowie Gewalttätigkeiten unter Erwachsenen abbilden, was verboten ist. Zudem zeigte sich, dass er über einen Zeitraum von drei Jahren solch stossende Videos via WhatsApp verschickte.

Der Märchler war damals 16, 17 und 18 Jahre alt. Doch weil er die Dateien auch noch mit 19 besass, sprach sich die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz für eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren und eine Busse von 450 Franken aus, also eine Strafe für Erwachsene.

Tiefes Niveau, aber es steigt

Pornografie ist immer wieder ein Thema, gerade bei Jugendlichen. Je brutaler oder skandalöser, desto eher verbreiten sich Videos. Ein Klick – und man hat sich strafbar gemacht. Zwei Klicks mit dem «Senden»-Button – und man hat erneut eine Straftat begangen. Laut Sandro Stettler, Leitender Jugendanwalt des Kantons Schwyz, nimmt die Anzahl Delikte wegen Pornografie zu.

«Zwischen 2012 und 2018 wurden zwischen 5 und 12 Delikte wegen Pornografie bei Jugendlichen im Kanton Schwyz verzeichnet», so Stettler. Diese Zahl stieg in den Jahren 2019 und 2020 auf 21 bzw. 14 Delikte an. Die Zahlen für 2021 seien noch nicht erhoben worden. «Ich gehe aber davon aus, dass die Zahl der Delikte wegen Pornografie gegenüber dem Jahr 2020 gestiegen ist.»

Weniger Fälle gäbe es beim Thema Videos und Bilder mit Gewaltdarstellungen, wo es bei den Jugendlichen nur bis zu drei Delikte pro Jahr gebe. Zumindest werden nur so wenige dabei «erwischt».

Eltern sollen Jugendlichen Umgang mit Handy zeigen

Auch Joachim Zahn, Praxisausbildner bei zischtig.ch, ein schweizweit aktiver Verein, der sich für Medienbildung und Prävention bei Jugendlichen einsetzt, beobachtet diese Zunahme der Fälle: «Wir merken, dass die Zahl der Jugendlichen, die wegen einer Gefährdung zu uns kommen oder weil es zu einem Strafverfahren gekommen ist, zunimmt.»

Die Jugendlichen, aber auch die Eltern würden oft zu spät realisieren, dass das Verschicken und Konsumieren verbotener Videos rechtliche Folgen haben kann. «Man geht von der anonymen digitalen Welt aus, aber das ist nicht so.» Die Jugendlichen würden nicht richtig aufgeklärt. «Das Handy ist eigentlich ein Gerät für Erwachsene», so Zahn.

Der Leitende Jugendanwalt Sandro Stettler hat nicht den Eindruck, dass Jugendliche zu wenig über die Strafbarkeit des Konsums, Besitzes und Verbreitens solcher Videos Bescheid wissen. «Die Kantonspolizei führt zu dieser Thematik im ganzen Kanton auf Primar- und Oberstufe Präventionsveranstaltungen durch», das Wissen über die Gefahren sei also vorhanden. Problematisch sei aber, dass der Zugang zu solchem Video-Material «sehr einfach zu bewerkstelligen» sei. Stettler nimmt daher weniger Schulen und Behörden in die Pflicht, sondern vielmal die Eltern.

Jugendlicher Leichtsinn?

Zurück zum 20-jährigen Märchler vor den Bezirksrichtern in Lachen, wo dieser beteuert: «Es war mir nicht bewusst, dass dies strafbar ist, aber heute weiss ich es besser. Ich habe daraus gelernt.» Dass die Videos auf seinem Handy waren, erklärt er damit, dass er «zu faul war, die Videos zu löschen». Dass er sie weitergeschickt habe, beschreibt sein Verteidiger als «jugendlichen Leichtsinn». 

Am Ende vermochte er die Richter nicht ganz zu überzeugen. Die Strafe wurde nicht gemildert – vielleicht auch als Zeichen an die Aussenwelt, dieses Problem ernst zu nehmen.

Anouk Arbenz, Redaktion March24 & Höfe24
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