Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 wurde weltweit fieberhaft nach Impfstoff geforscht. Dieser sollte im Kampf gegen das Covid-19-Virus schon bald entwickelt und nach Zulassung durch Swissmedic verimpft werden. Avenir Suisse erforschte den Umgang der Kantone beim Impfvorgehen.
Alle Kantone über einen Kamm zu scheren, wäre falsch
Nach beinahe zwölf Monaten Impfkampagne ist man geneigt, das vorliegende Resultat mit einem «knapp genügend» zu beurteilen. Diese Bombe lässt die Denkfabrik Avenir Suisse in ihrem Kantonsmonitoring platzen. Die Impfquoten hätten lange auf «beschämend tiefem Niveau verharrt». Alle Kantone über einen Kamm zu scheren, wäre aber falsch, räumt Avenir Suisse denn auch ein. Einigen Kantonen gelang es in kürzester Zeit, die Impfquote der verschiedenen Altersgruppen in die Höhe zu treiben.
Massgebend für den Impferfolg seien nicht nur das Angebot – welches zündende Ideen vermissen lasse –, sondern auch soziodemografische Faktoren wie Wohnort, Bildung und politische Interessen. «Unter den Kantonen mit den tiefsten Impfquoten kann man zumindest SZ und AI den Willen zur Beeinflussung der Impfbereitschaft nicht absprechen», hält Avenir Suisse weiter fest. Jedoch sei etwa spontanes Impfen im Kanton Schwyz erst im Juni 2021 möglich geworden. Die impfkritische Haltung hätte besser aufgefangen werden sollen. Stattdessen habe man sich im Frühsommer schweizweit mit den gut ausgelasteten Impfaktivitäten zufrieden gegeben und dabei die Impfzögerer vergessen.
Hoffen auf mehr Pragmatismus
Dass die dritte Impfdosis kommen und für viele notwendig sein würde, hätte man im Spätsommer 2021 vorwegnehmen müssen. Sollte die Impfauffrischung zur Norm werden, könne gehofft werden, dass der Bezug der Bevölkerung zur Impfung pragmatischer werde, wenn die Pandemie erstmal weitgehend überwunden sei.
Unterschiedlich schnell geimpft
Am 22. Dezember 2020 hat die erste Lieferung von 107 000 Impfdosen die Schweiz erreicht. «Zu diesem Zeitpunkt waren die Kantone AI, LU, NW, SZ, TG und ZG bereit und begannen noch in derselben Woche mit der Verabreichung », ist im Kantonsmonitoring zu lesen. Bei der Gruppe der über 80-Jährigen wurde innerhalb 25 Wochen eine 70-prozentige Impfquote erreicht. Andere Kantone wie ZG, FR, GE, UR und TI erreichten diese bereits nach 15 Wochen. Im Kanton Schwyz wurden weitere 17 Wochen benötigt, um die Impfquote bei den über 80-Jährigen auf 80 Prozent zu erhöhen.
Ab April wurden Personen ab 60 Jahre geimpft. Nach 16 Wochen wurde im Kanton Schwyz die 70 Prozent- Quote erreicht – ab Mai bestand kurzzeitig ein Run auf Impftermine. Zeitgleich waren die Kantone Obwalden und Jura. Sie bilden das Impf-Schlusslicht. Andere Kantone waren bedeutend schneller. Der Kanton BL etwa erreichte dieses Ziel in nur neun Wochen.
Meist in einem Impfzentrum
Interessant ist auch die Betrachtung darüber, wo man sich impfen lässt. In unserem Kanton – wie übrigens gesamtschweizerisch – suchten die allermeisten ein Impfzentrum auf. Avenir Suisse hält fest: «Trotz stark ausgebauten Impfkapazitäten und umfangreichen Lieferungen im Frühsommer, die der Rationierung zu Beginn der Impfkampagne ein Ende setzten, waren Impfzentren und Arztpraxen nur kurz voll ausgelastet.» Die Schweiz stehe im internationalen Vergleich und im westeuropäischen Vergleich schlecht da. Denn im Herbst waren in 13 Kantonen weniger als 50 Prozent doppelt geimpft, in sämtlichen Nachbarländern lag die Quote bei 52 Prozent und höher. Die Impfquoten wurden je länger, desto deutlicher ein Abbild der Impfbereitschaft der Bevölkerung. Im Juni 2021 waren 33 Prozent der 25- bis 34-Jährigen weiterhin nicht willens, sich impfen zu lassen. Hingegen gab es bei den über 65-Jährigen nur noch rund fünf Prozent, die als Nicht-Geimpfte auch impfunwillig bleiben wollen. Ein starker Impfschub erfolgte nochmals nach den Sommerferien, als Geschichten von infizierten Rückkehrern die Runde machten.
SVP-Haltung verhindert Impfen
Zu den Gründen der Impfbereitschaft oder -ablehnung hat Avenir Suisse herausgefunden – was wohl nicht überrascht und bereits thematisiert wurde: «Befragte mit hoher Impfbereitschaft wohnen öfters in Städten, haben ein höheres Einkommen und einen höheren Bildungsgrad.» Personen mit einer tieferen Impfbereitschaft seien häufig im Primärund Sekundärsektor tätig und hätten «häufig eine Parteipräferenz für die Schweizerische Volkspartei (SVP)».
Neues Denken ist gefragt
Vermisst wurden «zündende Ideen», wie man die skeptische Bevölkerung für eine Impfung gewinnen kann: Impfeinladung per Brief, Infokampagne mit Grossveranstaltern, kollektive Impfung von Mitarbeitern, Kooperationen mit Meinungsmachern.
Auch diesbezüglich tat sich unser Kanton nicht hervor. Trotzdem: «Unter den Kantonen mit den tiefsten Impfquoten kann man zumindest Appenzell Ausserrhoden und dem Kanton Schwyz den Willen zur Beeinflussung der Impfbereitschaft nicht absprechen », schreiben die Zukunftsdenker. Als Beispiel: Während einer zusätzlichen Schwyzer Impfwoche Mitte November stieg die Impfquote nur gerade um 0,53 Prozent oder 354 Personen (wir berichteten).