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Kanton
13.06.2021

Flexinetze sind eine tödliche Falle für Wildtiere

Ein Reh verfing sich in einem Flexinetz und musste qualvoll sterben.Bild Privatarchiv
Ein Reh verfing sich in einem Flexinetz und musste qualvoll sterben.Bild Privatarchiv Bild: zvg
Letztes Jahr kamen im Kanton Schwyz 21 Wildtiere in Flexinetzen qualvoll zu Tode.

Manuel Wyss, Abteilungsleiter Jagd im Amt für Natur, Jagd und Fischerei, rechnet vor: 2020 starben 21 Wildtiere in sogenannten Flexinetzen im Kanton Schwyz einen qualvollen Tod – zwei Stück Rotwild, 18 Stück Rehwild (elf Böcke, fünf Geissen, zwei Kitze) und ein Fuchs. Sie verhedderten sich in den orangefarbenen, engen Maschen. 

Das Fluchttier Reh gerate in Panik, stranguliere sich selber, breche sich das Genick oder sterbe wegen Überreizung der Nerven an einem Schock. Hirsche würden die Zäune ausreissen und mitschleppen, bis sie ausweglos darin gefangen seien. Und auch Füchse, Dachse oder Igel könnten sich in den engmaschigen Weidezäunen verfangen und sterben, wenn sie nicht schnell gefunden werden, unterstreicht Manuel Wyss. Der Todeskampf werde noch qualvoller, wenn der Zaun unter Strom stehe.

Zäune abbauen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden

Die Flexinetze sind seit vielen Jahren ein Streitpunkt zwischen Bauern und Jägern. Sie werden für das Einzäunen von Schafen und Ziegen aufgestellt, sind leicht und gut transportierbar. Sie gewähren dem Kleinviehhalter, dass die Tiere nicht ausbüxen.

«Es ist unsere Pflicht, dass wir die Tiere einzäunen, damit sie nicht auf die Strasse laufen oder in den Wald», sagt Albin Ebnöther, Präsident des Schwyzer Kleinviehzuchtverbandes. Die Problematik werde aufgebauscht. «An nicht exponierten Stellen sind die Flexinetze kein Problem. Wichtig ist, dass die Zäune abgebaut werden, wenn die Wiese abgeweidet ist.» Es gebe gute Alternativen zum Flexinetz: «Drei Drähte spannen. Dazu gibt es Systeme mit drei Rollen, welche das Aufspannen vereinfachen», ergänzt Ebnöther.

«Die Landwirte sind sich des Risikos bewusst»

Peppino Beffa aus Seewen ergänzt, dass man die meisten Probleme mit Netzen habe, die nicht unter Strom stünden. «Denn dann verheddern sich die Tiere, statt sich zurückzuziehen.» Die Netze seien in den letzten Jahren viel bewusster eingesetzt worden. «Die Landwirte wissen um das Risiko für die Wildtiere. Aber es gibt unter ihnen halt immer wieder schwarze Schafe», sagt der Präsident des Schweizerischen Schafzuchtverbandes. Damit spricht er eines der Hauptprobleme an, was auch für die Jäger unverständlich ist: Die Netze werden oft über Wochen und Monate stehengelassen und nicht kontrolliert – auch an sensiblen Stellen wie Waldlichtungen, Gewässern oder Waldrändern, wo Wildwechsel stattfinden.

Blau-weiss statt orange

Zudem werden die gebräuchlichen orange eingefärbten Flexizäune vom Wild als grau wahrgenommen, sind also fast unsichtbar (deshalb tragen Jäger die orangen «Leuchtwesten»). Blau hingegen ist für ein Wildtier eine Warnfarbe. «Es gibt Versuchsreihen, die das bestätigen», erklärt Manuel Wyss. Wildtiersichere Zaunsysteme seien ein Gebot der Stunde. «Die Industrie müsste hier ein attraktives Angebot machen. Im bestmöglichen Fall sollten nur noch sichere Zaunsysteme in den Verkauf gelangen.» 

Der Schweizer Tierschutz erklärt, dass Weidenetze nicht geeignet seien für Dauerweiden. Es sei auf diese möglichst zu verzichten oder sie nur in Hofnähe oder zum Schutz von Fruchtflächen einzusetzen. Und sie müssten täglich kontrolliert werden. Manuel Wyss fasst zusammen, dass der Streit zwischen Jägern, Naturschützern und Bauern nicht zielführend sei: «Wir müssen zum Wohl der Wildtiere lösungsorientiert handeln, ohne dem andern die Schuld in die Schuhe zu schieben. Nur so kommen wir weiter.»

Zaunmaterial bei Nichtgebrauch abbauen

Wenn das Zaunmaterial nicht mehr gebraucht wird, muss es abgebaut werden. Darauf weist ein Schreiben des kantonalen Amts für Natur, Jagd und Fischerei vom 29. April 2019 hin. Wer es nicht «unverzüglich und fachgerecht» entsorge, müsse bei «strafbarer Zuwiderhandlung» mit einer Strafanzeige rechnen. 

 

Franz Steinegger, Höfe24
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