Home Region Sport Agenda Schweiz/Ausland Magazin
Region
28.01.2020
06.05.2022 15:31 Uhr

Ü55 erhalten nicht mal ein Bewerbungsgespräch

Besuch auf dem RAV: Je älter Stellensuchende sind, desto schwerer werden sie fündig. (Bild: Keystone)
Besuch auf dem RAV: Je älter Stellensuchende sind, desto schwerer werden sie fündig. (Bild: Keystone) Bild: Keystone
Über 55-Jährige sind bei der Stellensuche stark benachteiligt, und über 60-jährige Arbeitslose finden kaum mehr eine Stelle. Das sind die Ergebnisse einer neuen Studie.

Daniel Oesch, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität Lausanne, hat das Ausmass der Benachteiligung älterer Arbeitnehmender auf dem Schweizer Stellenmarkt untersucht. Das Thema wird vor allem im Zusammenhang mit der umstrittenen Überbrückungsrente diskutiert, die nach dem Willen des Bundesrates ausgesteuerte Arbeitslose über 60 erhalten sollen.

Über Oeschs vor Kurzem publizierte Studie haben gestern die Tamedia-Zeitungen berichtet. Demnach sind ältere Erwerbsfähige in der Schweiz zwar nicht häufiger arbeitslos als jüngere. Aber sie landen häufiger in der Sozialhilfe, weil sie keine Stelle mehr finden. Die neue Studie bestätigt damit die schwierige Situation älterer Menschen auf dem Arbeitsmarkt.

Hauswarte haben es schon ab 50 schwer

Oesch hat zum einen untersucht, wie sich das Alter auf die Chancen auswirkt, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Zu diesem Zweck wurden 500 fiktive Bewerbungsdossiers für Stellen als Hauswart, als HR-Assistent und als Buchhalter verschickt. Zum anderen untersuchte der Wissenschaftler die Situation von 1200 Arbeitnehmenden, die bei Betriebsschliessungen entlassen wurden.

Gemäss der Studie sind Kandidatinnen und Kandidaten zwischen 40 und 45 Jahren noch nicht benachteiligt: Sie werden gleich häufig zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wie 35-Jährige. Ab 50 Jahren sieht es schon anders aus. Für die Hauswartstellen erhielten bereits 50-Jährige kaum mehr eine Ein-ladung. Für HR-Assistenten und Buchhalter nahmen die Chancen ab einem Alter von 55 Jahren stark ab.

Nachteiliger als ein ausländischer Name

Über 50 Jahre alt zu sein sei auf dem Schweizer Arbeitsmarkt ein noch grösserer Nachteil als einen polnischen oder türkischen Namen zu haben, bilanziert Autor Oesch.

Die Studie bestätigt auch, dass mit zunehmendem Alter die Chancen für Entlassene schwinden, wieder angestellt zu werden. Von den Personen, die zum Zeitpunkt ihrer Entlassung 35 Jahre alt waren, waren nach zwei Jahren fünf Prozent arbeitslos.

Bei den bei der Entlassung 40- bis 50-Jährigen waren es zwölf Prozent, bei den 55-Jährigen 28 Prozent und bei den 60-Jährigen 35 Prozent. Die Quote bei den über 55-Jährigen wäre noch höher, wenn nicht ein Teil frühpensioniert worden wäre. Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Büroangestellte sind gemäss der Studie im Alter stärker benachteiligt als höhere Angestellte.

Charlotte Walser
Demnächst