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Kanton
16.12.2020
16.12.2020 10:21 Uhr

Rechtsanwältin wirft vor Gericht vier Schwyzer Polizisten Folter vor

Symbolbild
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Im Berufungsverfahren gegen vier freigesprochene Schwyzer Polizisten werden schwere Vorwürfe erhoben.

Mit schwerem Geschütz trat gestern die Rechtsvertreterin eines Ausserschwyzers im Berufungsfall gegen vier Polizisten vor dem Schwyzer Kantonsgericht auf. Den Ordnungshütern, die vor einem Jahr vom Strafgericht ­ohne jeglichen Zweifel vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Freiheitsberaubung freigesprochen worden ­waren, warf die Rechtsanwältin Folter sowie erniedrigende und unmenschliche Behandlung vor. Die Polizisten hätten nicht nur Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung begangen, sondern auch gegen das UNO-Übereinkommen und die Menschenrechtskonvention verstossen.

Mandant habe psychische und physische Folter erlitten

Die Polizisten hatten im September 2012 den Auftrag erhalten, den ­heute 51-jährigen Ausserschwyzer polizeilich dem Betreibungsamt zuzuführen. Als sie den Mann an seinem Wohnort in Altendorf abholen wollten, ­zeigte dieser sich renitent. Nach zwei angeblichen Fluchtversuchen wurde er in Handschellen gelegt, dann ins Spital gebracht (nachdem dieser eine Ohnmacht vortäuschte) und später nach ärztlicher Anordnung in eine psychia­trische Klinik eingeliefert.

Der Mann sei widerrechtlich über mehrere Stunden gefesselt, als gefährlich verleumdet, ins Spital und in die Psychiatrie eingeliefert worden. Das sei keine polizeiliche Zuführung mehr gewesen, sondern eine Freiheits­beraubung, argumentierte die Anwältin. Ihr Mandant habe dadurch psychische und physische Folter erlitten. Die Staatsanwaltschaft habe den Fall mehrmals widerrechtlich eingestellt, und das Strafgericht habe den Mann als Simulanten abgekanzelt. Damit sei gegen die Menschenrechtskonvention verstossen worden.

Die Anwältin forderte nebst der Verurteilung der Polizisten eine Prozessentschädigung von 16 700 Franken. Die erstinstanzlich beantragte Zivilforderung ihres Klienten von rund 188 000 Franken zog sie zurück.

«Die Foltervorwürfe sind völlig absurd.»
Verteidiger eines Polizisten vor dem Kantonsgericht

Zumutung gegenüber tatsächlichen Folteropfern

Vor Gericht wollte der Privatkläger auf die Fragen des Gerichts nicht mehr konkret antworten. Es verwies auf die Akten und erklärte, dass «ich als Mensch die Pflicht habe, Körper, ­Seele und Geist zu achten». Dies hätten die Polizisten nicht gemacht. Sie hätten ihn einfach ohne zu Fragen angefasst. Das Gericht werde zum richtigen Urteil kommen, wenn es die Gesamtheit der Akten studiere.

Sowohl der Staatsanwalt als auch die Verteidiger der Polizisten verlangten vollumfängliche Freisprüche. Zudem seien dem Privatkläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzubürden. Der Polizeieinsatz sei, wie die Vorinstanz ohne jeglichen Zweifel beurteilt habe, gesetzeskonform und verhältnismässig abgelaufen. Der Ausserschwyzer habe durch sein renitentes Verhalten den Ablauf provoziert. Er ­habe sich geweigert, freiwillig zum Betreibungs­amt zu gehen. Er habe Wider­stand gegen die polizeiliche Zuführung geleistet und durch sein Verhalten den Anschein erweckt, als wolle er zuerst fliehen und dann die Polizisten und sich selbst gefährden. Er habe den Dialog mit den Polizisten verunmöglicht. «Wer keinen Dialog eingehen will, schützt Körper, Geist und Seele nicht», sagte ein Verteidiger.

Die erhobenen Foltervorwürfe ­seien «völlig absurd» und müssten als «haltlos konstruierte Indizien» bezeichnet werden, sagte ein Verteidiger. Ein ­anderer bemerkte: «In diesem Fall von Folter zu sprechen, ist eine Zumutung gegenüber jenen Menschen, die tatsächlich Opfer von Folter geworden sind.»

Ruggero Vercellone, Bote der Urschweiz
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