Trotz der widrigen Umständen ist die Börse im Jahr 2021 sehr gut gelaufen, Corona, Inflation und Lieferengpässen zum Trotz. Doch wie geht es weiter mit der Wirtschaft und den Aktienmärkten? Welchen Branchen wird noch Potential zugesprochen? Wirtschafts- und Börsenexperte, Christopher Chandiramani, erzählt von der aktuellen Situation und den zukünftigen Aussichten.
Staatliche Hilfspakete sorgten für Aufschwung
Corona, Lieferengpässe und Inflation waren die grossen Themen, welche die Finanzmärkte in diesem Jahr in Atem gehalten haben. Dennoch hat sich der SMI gut entwickelt. Fraglich ist, was die Gründe dafür sind. Chandiramani begründet dies damit, dass sich nach dem Corona-Jahr 2020 mit Lockdowns die Wirtschaft überdurchschnittlich schnell erholt hatte. Im Jahresverlauf gab es kräftige Steigerungen der Umsätze und etliche Unternehmensgewinne. Die staatlichen Hilfspakete bzw. Finanzspritzen gaben einen zusätzlichen Schub. Zusätzlich war die Zinspolitik der Notenbanken expansiv. Tiefe Zinsen bedeuteten üblicherweise auch steigende Aktienbörsen, so der Börsenexperte.
Omikron weniger Einfluss als die schlimmsten Befürchtungen
Omikron wird als eine grosse Gefahr für die Wirtschaft und den Aktienmarkt bezeichnet. Das dies wirklich so schlimm ist, glaubt Christopher Chandiramani nicht. Er erklärt, dass es richtig sei, dass Unternehmungen wie Swisscom, Post, Detailhandel und Banken mit grösseren krankheitsbedingten Absenzen rechnen müssten und entsprechende Massnahmen treffen sollten. Jedoch gab es das auch schon früher bei einzelnen Grippewellen, hält er fest. Einen Einfluss könnte Omikron auf die Grundversorgung haben, vermutlich aber weniger als die schlimmsten Befürchtungen. Die restriktive Personalpolitik könnte zusätzlich Spuren hinterlassen. Die Inflation sei vor allem in den USA, GB und der EU ein Problem, so der Wirtschaftsexperte. Fünf Prozent und noch höhere Preissteigerungen zwingen die Notenbanken zu handeln. In der Schweiz hält sich die Inflation mit 1.5 Prozent vorläufig in engen Grenzen. «Die Nationalbank hat gut gearbeitet», erklärt Chandiramani.
Konjunkturexperten erwarten Lieferengpässe
Gerade die Lieferengpässe verschiedener Produkte, wie zum Beispiel im Chipbereich, können die Konjunktur ebenfalls ausbremsen. Der Börsenexperte hält aber fest, dass verschiedene Konjunkturexperten der Schweiz mit dem Einfluss der Lieferengpässe und Fachkräftemangel rechnen. Die Maschinenindustrie, Elektronik und Autozulieferer trifft es am stärksten. Das Bruttoinlandsprodukt könnte im Jahre 2022 um schätzungsweise 0.5 auf unter 3 Prozent fallen, erklärt er.
Aktienbörsen 2022 könnten konsolidieren
Der Börsenexperte schätzt die Entwicklung des SMI für das Jahr 2022 kritisch ein.
Nach einem sehr guten Jahr 2021 mit über 20 Prozent könnten die Aktienbörsen im 2022 eher etwas konsolidieren, heisst es gemäss Chandiramani. «Bäume wachsen nicht in den Himmel». Aufgrund der Gewinndynamik und Dividendenerhöhungen seien aber auch Zwischenrallys möglich.
Pharamindustre weiterhin stark – Eventbereich braucht mehr Zeit
Schliesslich stellt sich die Frage, welche Branchen und Märkte im kommenden Jahr performen werden. Der Wirtschaftsexperte schätzt die Pharmaindustrie pandemie-bedingt sehr stark ein. Diese grosskapitalisierten SMI Werte würden sich immer grosser internationaler Nachfrage erfreuen. Versicherungen würden die höchsten Dividendenrenditen haben und Grossbanken blieben vermutlich kursmässig im Rückstand. Er erklärt auch, dass im Tourismus- und Eventbereich die Erholung länger brauche.
Guter Wirtschaftswachstum im 2022
Den SMI Ende 2022 schätzt Chandiramani positiv ein. Mit dem Wirtschaftswachstum und den Restrukturierungsgewinnen sind trotz leichten Zinserhöhungen Verbesserungen von 5 Prozent auf etwas über 13‘500 Punkte zu erwarten. Im Falle von höheren Zinsen und nachlassender Wirtschaftsdynamik wird Geld anlegen anspruchsvoller und verleitet vermehrt zur Selektion in Einzelaktien, meint der Börsenexperte abschliessend.