Ein Schweizer Forschungsteam um Jana Huisman von der ETH Zürich berichtet nun in einer noch nicht von unabhängigen Fachkollegen begutachteten Studie, dass sich Daten aus dem Abwasser für eine schnelle und kostengünstige Schätzung dieses Werts eignen würden.
Dynamik steht im Abwasser geschrieben
Im Zuge der Corona-Pandemie haben verschiedene Studien weltweit nachgewiesen, dass die Konzentrationen der aus dem Abwasser gefischten Erbbruchstücke des Coronavirus mit klinischen Fallzahlen korrelieren.
Die Forschenden um Huisman gingen nun einen Schritt weiter und entwickelten ein mathematisches Modell, um die Reproduktionszahl mithilfe des Abwassers abzuschätzen.
«Anhand der Virenlast, die wir im Abwasser messen, können wir schätzen, wie viele Personen vom Virus infiziert sind, und die Dynamik über die Zeit verfolgen», erklärte Huisman in einer Mitteilung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) vom Mittwoch. Damit liesse sich der R-Wert bestimmen.
In sechs Schweizer Kläranlagen
Das Team testete seinen Ansatz für zwei Kläranlagen, in der ARA Zürich-Werdhölzli sowie im kalifornischen San Jose (USA).
Vorausgesetzt die Beprobung finde mindestens dreimal pro Woche statt, böten Abwassermessungen eine unabhängige Methode, um die Krankheitsdynamik zu verfolgen, lautet das Fazit der Forschenden.
Inzwischen verfolge man den Abwasser-R-Wert in sechs Kläranlagen in der Schweiz, sagte Huisman im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA: «Dieser hat sich auch über unsere Studie hinaus als guten Indikator für die Krankheitsdynamik in den jeweiligen Regionen bewahrheitet.»
Nicht ohne Schwachstellen
Die Forschenden weisen aber auch auf einige Schwachstellen hin. Beispielsweise reagiere der R-Wert sehr empfindlich auf Schwankungen der Viren-Konzentrationen im Abwasser, wenn nur wenige Menschen im Einzugsgebiet der Kläranlage lebten.